Deutsche Außenpolitik unter Wilhelm II. Teil 2 (Flottenwettrüsten)

Wilhelm II: Flottenwettrüsten

Das Flottenwettrüsten zwischen dem Deutschen Kaiserreich und Großbritannien startete 1898 mit dem 1. Flottengesetz und war ein ausschlaggebender Punkt in der Entwicklung der deutsch-britischen Beziehungen.

In der modernen Forschung wird derweil heiß diskutiert, inwiefern dieses Flottenwettrüsten als einer der Hauptursachen des 1. Weltkriegs gelten kann.


Hintergrund

Durch die drohende Isolation schränkt sich der außenpolitische Bewegsungsspielraum immer weiter ein.

  • Falsche Annahme der deutschen Regierung: durch Spannungen der Großmächte untereinander, würden sich die anderen Großmächte nie gegen Deutschland zusammenschließen
    • Irrglaube sollte die deutsche Außenpolitik stark belasten
  • statt Isolation mit Annäherung zu begegenen: Politik der Stärke
    • Bau einer großen Flotte
Irrglaube europäische Außenpolitik
Irrglaube europäische Außenpolitik

Weltpolitik

In der Diskussion über die Ursachen des 1. Weltkriegs wird dem Flottenbau eine große Bedeutung beigemessen.

  • Frage: war der Aufbau einer großen Flotte eine unnötige Provokation oder auch gerechtfertigt?

Unnötige Provokation

Gerechtfertigt

  • das Flottenprogramm war nicht in ein breiteres politisches Konzept eingearbeitet
  • Für Deutschland auf dem Festland ein Luxus, für GB als Insel eine Notwendigkeit
  • wollten sich nur mit den Briten messen und sie herausfordern
  • Einfluss des Seekriegs auf den Ausgang des 1. Weltkrieg sehr gering
    • hat Beziehung zu GB unnötig belastet
  • Deutschland wollte Weltpolitik betreiben und bei den großen Weltmächten mitmischen
    • schlagkräftige Hochseeflotte notwendig
    • denn deutsche koloniale Interessen wurden oft nicht ernst genommen
  • wieso sollte GB die einzige Großmacht mit einer großen Flotte sein?
  • Wilhelm II. wollte einen "Platz an der Sonne"
Weltpolitik
Weltpolitik

Ziel der Flottenrüstung

  • Deutschland sollte eine Weltmacht werden und sich die Anerkennung und den Respekt der anderen Großmächte verdienen
  • sollte Großbritannien unter Druck setzen ein Bündnis mit Deutschland anzustreben, oder wenigstens keinem gegen Deutschland beitreten

Ablauf

Datum

Ereignis

1895

Fertigstellung des Kaiser-Wilhelm-Kanals (Handels- und Kriegsschiffe von Nordsee in die Ostsee)

1898

Leiter des Reichsmarineamts Alfred von Tirpitz

  • Risikogedanke: deutsche Flotte müsse so groß werden, dass ein britischer Angriff zu riskant sei

Erstes Flottengesetz

  • Ziel: Weltmacht werden
    • Verhältnis von 2/3 zur britischen Flotte
  • langfristiger Plan zur Aufrüstung der Flotte

1900

Zweites Flottengesetz

  • Verdopplung der deutschen Kriegsflotte

1902-1904

Statt ein Bündnis mit Deutschland anzustreben, schloss man

  • die Anglo-Japanische-Allianz
  • britisch-französische Entente Cordiale

Gleichzeitig rüsteten auch sie auf → Rüstungswettlauf

1906

Neues Kriegsschiff: HMS Dreadnought

  • sehr fortschrittlich, aber auch sehr teuer
  • Flottennovellen: Beschlüsse, die die Flottengesetze erweiterten (Produktion gesteigert)

1908

Großbritannien produziert 8 Schlachtschiffe pro Jahr (enorme Aufrüstung) → für Deutschland nicht mehr realisierbar

HMS Dreadnought
HMS Dreadnought

Fazit der Flottenrüstung

Spätestens mit dem neuen britischen Flottenprogramm von 1908 waren die deutschen Bemühungen gescheitert.

  1. Verhältnis von 2/3 nicht erreicht
    • Großer Unterschied zwischen den Träumen und großen Reden die von Tirpitz und Wilhelm II. bezüglich der Flotte gehalten wurden und der vergleichsweise nüchternen Realität
  2. Kein nennenswerter Kolonieerwerb
  3. Viel zu hohe Kosten → drohen deutschen Haushalt zu ruinieren
  4. Innenpolitische Krise → Aufstieg der Sozialdemokraten
  5. Verschlechterung der deutsch-britischen Beziehung
    • „Es war der größte Fehler des 20. Jahrunderts, dass Deutschland Großbritannien herausforderte."
    • anstelle von Annäherung an Deutschland, Verfestigung der britisch-französischen Bindung
    • wurde als provokativ und aggressiv wahrgenommen
  6. anstelle einer diplomatischen Lösung der Konflikte, fühlten sich die Großmächte erstarkt und rüsten weiter auf
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