Krisen unter Helmut Schmidt (1974-1982)

Helmut Schmidt war der fünfte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Seine Regierungszeit (1974-1982) war geprägt von Krisen, vor allem der Wirtschaftskrise (ausgelöst durch den "'Ölschock" von 1973) und dem Terror der links-terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF).

Schmidt gilt bis heute als Realist und überzeugter Europäer, der maßgeblich die Europäische Integration voranbrachte.


Steckbrief

Name

Helmut Heinrich Waldemar Schmidt

Geboren/gestorben

1918/2015

Ausbildung und Karriere

  • 1939: Einsatz an der Ost- und Westfront im Zweiten Weltkrieg als Offizier

  • 1945: Studium der Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaft an der Universität Hamburg

  • 1946: Beitritt zur SPD

  • 1953: Abgeordneter im Bundestag für die SPD

  • 1961: Senator in Hamburg → Tat sich bei der Sturmflut von 1962 als Krisenmanager hervor

  • 1967: Fraktionsvorsitzender der SPD

  • 1969: Verteidigungsminister in der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt

  • 1972: Finanz- und Wirtschaftsminister

  • 1974: Wahl zum deutschen Bundeskanzler

Hintergrund

  • Rücktritt Willy Brandts 1974 → Als ein DDR-Spion in unmittelbarer Umgebung Willy Brandts aufgedeckt wurde, musste Brandt zurücktreten

  • Wahl Helmut Schmidts zum Bundeskanzler durch FDP & SPD → Große Herausforderungen für neue Regierung

    • Wirtschaftskrise: Ölpreisschock, Arbeitslosigkeit, Inflation, Strukturwandel...

    • Terror der RAF: Entführungen, Morde, Anschläge...

    • Zuspitzung des Kalten Krieges: Anspannung zwischen Supermächten, Aufstellung neuer Raketen...

Hier seht ihr helmut Schmidt
Nachfolger Willy Brandts und fünfter Bundeskanzler: Helmut Schmidt By Dieter Demme(1938–)DescriptionGerman photographer, photo lab technician and photojournalistDate of birth1938Location of birthEbelebenAuthority control: Q99672284VIAF: 3278859ISNI: 0000 0001 1035 795XLCCN: n88128031GND: 119358115WorldCatDeutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-P0730-033 - cropped image of Image:Bundesarchiv Bild 183-P0730-033, Helsinki, KSZE-Konferenz, Honecker, Schmidt.jpg, CC BY 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5446580

Außenpolitik

NATO-Doppelbeschluss

Auf die Gefahr durch neue sowjetische Raketen drängte Helmut Schmidt auf den NATO-Doppelbeschluss.

  • Aufstellung neuer sowjetischer Raketen gegen Westeuropa Mitte der 1970er → Schmidt sah große Gefahr und forderte Gegenmaßnahmen der NATO

  • 12.12.1979: Verabschiedung des NATO-Doppelbeschlusses → "NATO würde neue eigene Raketen aufstellen, falls Sowjetunion nicht auf Verhandlungen zur Abrüstung eingehen würde."

Europäische Integration

Helmut Schmidt verstand sich als Europäer und brachte die europäische Integration deutlich voran.

  • Etablierung des Europäischen Rates → Staatschefs der damaligen westlichen europäischen Demokratien kamen hier zusammen (existiert bis heute)

  • Einführung des Europäischen Währungssystems und Währungseinheit (ECU) 1979 → Währungspolitische Zusammenarbeit der Länder der Europäischen Gemeinschaften

  • Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen: Zusammenarbeit zwischen Schmidt und französischem Präsidenten d'Estaing beim europäischen Währungssystem

Hier seht ihr Bundeskanzler Helmut Schmidt und US-Präsident Ronald Reagan.
Bundeskanzler Helmut Schmidt und US-Präsident Ronald Reagan By Bundesarchiv_B_145_Bild-F054975-0009,_Bonn,_Helmut_Schmidt,_Ronald_Reagan.jpg:Detlef GräfingholtDescriptionGerman photographerAuthority control: Q88877210derivative work: Sir James (talk) - Bundesarchiv_B_145_Bild-F054975-0009,_Bonn,_Helmut_Schmidt,_Ronald_Reagan.jpg, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11940985

Innenpolitik

Öl- & Wirtschaftskrise

1973 stiegen die Ölpreise sprunghaft an, wodurch eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst wurde (auch Ölpreisschock/Ölpreiskrise genannt).

  • Ölboykott der arabischen Länder (OPEC-Staaten) als politisches Druckmittel → Wollten dadurch westliche Industriestaaten zu Aufgabe der Unterstützung Israels im Jom-Kippur Krieg zwingen

  • OPEC-Staaten für fast 55 Prozent der Lieferung von Öl verantwortlich → Vervierfachung des Ölpreises

  • Öl sehr wichtig für die Wirtschaft → Wirtschaftskrise im Westen aufgrund des enormen Preisanstieges

  • Rezession (Rückgang) der Wirtschaft in der BRD:

    • Unternehmen mussten viele Arbeitskräfte entlassen → Anstieg der Arbeitslosigkeit

    • Strukturwandel: Zunehmende Technisierung in der Industrie sorgte für noch größere Arbeitslosenzahl

→ BRD überstand unter Helmut Schmidt die Wirtschaftskrise trotzdem deutlich besser als andere Industriestaaten

Terror der RAF

Eine der größten Krisen während Helmut Schmidts Amtszeit war der Terror der linksterroristischen Roten Armee Fraktion (RAF).

  • Entstehung vieler Gruppierungen aus 68er-Bewegung → Auch radikale Gruppen, z.B. RAF

  • Ziel der RAF: Beseitigung des aktuellen politischen Systems in der BRD durch terroristische Maßnahmen (Kapitalismuskritik, Infragestellung des bürgerlichen Staates)

    • Brandanschläge auf Kaufhäuser (Symbol für westlichen Kapitalismus) durch RAF

    • Weitere Banküberfälle, Angriffe auf politische Einrichtungen und Ermordungen → Insgesamt 34 Tote

    • Prominenteste Mitgliederinnen und Mitglieder: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof

  • Entführung des CDU-Politikers Peter Lorenz → Bundesregierung unter Schmidt gab nach und entließ im Gegenzug für Freilassung von Lorenz RAF-Terroristen aus dem Gefängnis

  • Deutscher Herbst (Höhepunkt der Terror-Welle):

    • Entführung eines Lufthansa-Flugzeuges

    • Entführung des Managers Hans Martin Schleyer

    • Krisenstab unter Schmidt bleibt jedoch hart und gab keine RAF-Terroristen mehr frei ("Mit Terroristen könne man nicht verhandeln")

Lufthansa-Maschine wurde von Spezialeinheit der Bundespolizei befreit, ohne dass Geiseln ums Leben kamen

Schleyer jedoch von RAF hingerichtet

  • 1998: Endgültige Selbstauflösung der RAF

Kritik

Helmut Schmidt war, ähnlich wie schon Willy Brandt vor ihm, mit großem Widerstand von unterschiedlichen Seiten, auch aus seiner eigenen Partei, konfrontiert.

  • Friedensbewegung:

    • Entwicklung der Friedensbewegung zur Massenbewegung Anfang der 1980er JahreGegen Atomkraft und Aufrüstung

    • Aus dieser Bewegung entstand auch die Partei "Die Grünen"

    • Ablehnung des NATO-Doppelbeschlusses

  • Kritik durch eigene Partei:

    • Grundsätzliches Problem: Politische Standpunkte von SPD weiter links und von Schmidt weiter rechts

    • Viele SPD-Mitgliederinnen und -Mitglieder unterstützten Friedensbewegung → Waren gegen Schmidts Politik

  • Auseinanderbrechen der sozialliberalen Koalition 1982

    • Differenzen in Wirtschafts- und Sozialpolitik zwischen SPD und FDP

    • Konstruktives Misstrauensvotum am 01.10.1982: Abwahl Schmidts durch Mehrheit aus FDP & CDU → Wahl Helmut Kohls (CDU) zum Bundeskanzler (Kanzler der Wiedervereinigung)

Hier seht ihr Helmut Schmidt bei einer Rede vor einem Parteitag der SPD.
Schmidt galt als sehr guter Redner By Bundesarchiv, B 145 Bild-F048644-0030 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5456901

Sidefacts

Helmut Schmidt war Mitbegründer des G7-Treffens (damals "Gruppe der Sechs", G6), auf dem sich bis heute die Staatschefs der sieben größten Industriestaaten der Welt treffen.

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