Das politische Reformprogramm, des ab 1985 amtierenden Generalsekretärs des Zentralkommitees der Kommunistischen Partei (KPdSU) der Sowjetunion Michail Gorbatschow, nennt man Glasnost (Offenheit / Transparenz) und Perestroika (Umbau / Umgestaltung).
Das politische Programm Gorbatschows führte jedoch nicht nur zur Reformierung der Sowjetunion, sondern auch zur Auflösung des Vielvölkerstaates und des Ostblocks.
Hintergrund
Die Sowjetunion sah sich in den 1980ern zunehmend mit Problemen konfrontiert. Nach dem Amtsantritt Gorbatschows 1985 versuchte er diese Probleme mit Reformen in den Griff zu bekommen.
Regierungskrise:
KPdSU hatte ein Problem mit ihrem Führungskader
Generalsekretäre waren vor Gorbatschow vor allem alte Männer, die mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten
Verkrustete Strukturen innerhalb der KPdSU →Korruption war weit verbreitet im Führungskader der Partei, viele wehrten sich gegen Reformen (sahen ihre eigene Macht in Gefahr)
Wirtschaftskrise:
Die Planwirtschaft der Sowjetunion war ziemlich ineffizient, gab viele Produktionsprobleme
Mangelwirtschaft: Es gibt nur wenige Produkte und die sind meistens von schlechter Qualität
Unzufriedenheit der Bevölkerung:
- Bevölkerung der Sowjetunion war zunehmend mit ihrer Führung unzufrieden → Gründe: Korruption und wirtschaftliche Probleme
Glasnost
Mit Glasnost (Offenheit / Transparenz) versucht Gorbatschow, das Handeln des Staates für die Bevölkerung nachvollziehbarer und transparenter zu gestalten.
Zitat Gorbatschow (1987): "Wir wollen Offenheit in allen öffentlichen Angelegenheiten und in allen Bereichen des Lebens"
Lockerung der Rede-, Meinungs- und Pressefreiheiten in der Sowjetunion
Gorbatschow will mit Glasnost eine kritische öffentliche Diskussion über die sowjetische Wirtschaft fördern, um später die Perestroika besser umsetzen zu können
Aber: Nur Kritik innerhalb des Systems, nicht Kritik am System SELBST erlaubt
Friedliche Demonstrationen erlaubt, ohne dass die Polizei oder das Militär mit Gewalt eingreift
Perestroika
Mit Perestroika (Umbau / Umgestaltung) versuchte Gorbatschow, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Sowjetunion zu modernisieren.
Ermöglicht wurde Perestroika vor allem durch Glasnost
Lockerung der Planwirtschaft:
Einführung von marktwirtschaftlichen Elementen
Betriebe dürfen nun teilweise eigene Entscheidungen treffen
Ausländische Unternehmen dürfen erstmals Investitionen in der Sowjetunion tätigen → Aber unter sowjetischer Aufsicht
Etablierung demokratischer Strukturen:
Durchführung von freien Wahlen, Aber: Freie Wahlen nur innerhalb der KPdSU, andere Parteien nicht zugelassen
Stärkung der Gewaltenteilung: Einführung eines "Volksdeputiertenkongresses" → Trennung von Regierung (ZK) und Art Parlament (Volksdeputiertenkongress)
Abschaffung der "Breschnew-Doktrin": Staaten des Ostblocks dürfen frei über das eigene politische System entscheiden, ohne dass die Sowjetunion militärisch eingreift
Entspannungspolitik mit dem Westen
- Mit verringerten Militärausgaben für die Aufrüstung hat man mehr Mittel für Reformen übrig
Folgen
Die Reformen Gorbatschows haben massive Auswirkungen auf die kommende Entwicklung der Sowjetunion und des Ostblocks.
Glasnost:
Die Bevölkerung kriegt aufgrund der öffentlichen Diskussion zum ersten Mal die wahren Verhältnisse in der Sowjetunion mit (z.B. Verfolgungen während des Stalinismus, Umweltverschmutzung, Wirtschaftsprobleme...). → Unzufriedenheit wächst
Führt zur Demokratisierung der Sowjetunion und des Ostblocks, in diesem Ausmaß nicht von Gorbatschow beabsichtigt → Bevölkerung kann jetzt zum ersten Mal die eigene Unzufriedenheit öffentlich zeigen
Perestroika:
Vollständige Umstellung auf die Marktwirtschaft nicht erfolgt → Folge: Chaos in der Wirtschaft
Wirtschaftsreformen der Sowjetunion kommen zu spät und greifen zu kurz → Können den wirtschaftlichen Niedergang nicht aufhalten
Die Ostblockstaaten werden durch die Aufhebung der "Breschnew-Doktrin" zu Reformen ermutigt → Reformprozesse entstehen, teilweise wendet sich die Bevölkerung friedlich vom Kommunismus ab
Sidefacts
Gorbatschow wollte mit seiner Politik nicht die Auflösung der Sowjetunion, sondern lediglich deren Reformierung. Letztendlich machten die Menschen von ihrer neu gewonnen Meinungsfreiheit Gebrauch und entschieden sich gegen den Kommunismus. Während Gorbatschow im Westen heute als "Held" gefeiert wird, wird er in Russland ziemlich kritisch betrachtet.