Die 68er-Bewegung war eine linksgerichtete soziale Protestbewegung der 60er Jahre, die in den USA im Zuge der Anti-Vietnamkrieg-Proteste entstanden war.
In der BRD protestierte die Studentenbewegung, auch Außerparlamentarische Opposition (kurz APO) genannt, gegen den Vietnamkrieg, die deutschen Notstandsgesetze, den Axel-Springer-Verlag und setzte sich für eine umfassende Demokratisierung und Bildungsreform in der BRD ein.
Hintergrund
In den 1960er Jahren wandelte sich das politische Klima in der BRD.
Generationenkonflikt: Erste Generation nach dem Zweiten Weltkrieg wurde erwachsen → Andere Wertvorstellungen, Konfrontation der älteren Generation mit ihrer NS-Vergangenheit
Erste Wirtschaftskrisen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg → Zunehmende soziale Ungleichheit (z.B. Zugänge zu Bildung & Wohlstand)
Nach US-Intervention im Vietnamkrieg: Entstehung einer Antikriegs-Bewegung in vielen westlichen Ländern, auch in Westdeutschland
Bundestagswahl von 1965: Neben Regierungsparteien (CDU & SPD) nur eine Oppositionspartei (FDP) im Bundestag → Vor allem die jungen Menschen fühlten sich deshalb nicht im Bundestag vertreten und gründeten deshalb die APO (Außerparlamentarische Opposition).
Außerparlamentarische Opposition
Definition
Die APO (Außerparlamentarische Opposition) wurde im Zuge der Proteste gegen den Vietnamkrieg gegründet und war vor allem eine Studentenbewegung. Die Bewegung wurde maßgeblich von Vereinigungen wie dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund oder dem Republikanischen Club beeinflusst. Populärster Wortführer der Bewegung war Rudi Dutschke.
Inhaltliche Forderungen
Die APO vertrat eine Reihe von inhaltlichen Punkten und hatte verschiedene politischen Forderungen, die sie mit ihren Protesten durchsetzen wollte.
"Westlicher Imperialismus":
- Proteste gegen den Vietnamkrieg & atomare Aufrüstung vieler westlicher Staaten
Bildungsreform:
- Strukturen in den Universitäten seien vollkommen veraltet → Forderung nach Reformen
Aufarbeitung der NS-Zeit:
- Konfrontation der älteren Generation mit ihrer NS-Vergangenheit → Kritik an fehlender Aufarbeitung und Verdrängung durch die Gesellschaft
Notstandsgesetze:
- Verabschiedung der Notstandsgesetze (Einfügung von Notstandsverfassung, welche Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen sichern sollte) im Bundestag 1968 → Wahrnehmung als antidemokratisch und faschistisch
"Stellung der Wirtschaft"
- Stellung der Wirtschaft in der Gesellschaft als zu dominant angesehen, Kapitalismus-Kritik
Einfluss des Springer-Verlags:
- Kontrolle von vielen Zeitungen durch den Springer-Verlag → Kritik an zu großer Beeinflussung und fehlender kritischer Berichterstattung
"Starre gesellschaftliche Strukturen":
- Gesellschaftliche Werte als "spießig" angesehen → Forderung nach Enttabuisierung bestimmter Themen, z.B. von Sex
Atomenergie:
- Atomenergie als zu gefährlich empfunden → Forderung nach Abschaffung der Atomenergie
Entwicklung
Die Studentenbewegung und APO hatte ihren Höhepunkt im Jahr 1968.
Verschärfung des Konfliktes 1967:
Ermordung eines friedlichen Studenten (Benno Ohnesorg) durch einen Polizisten bei Demonstration gegen den Staatsbesuch des persischen Schahs
Proteste daraufhin zunehmend militanter
Weitere Radikalisierung der Protestbewegung 1968:
Attentat auf Rudi Dutschke (11. April 1968) → Attentäter soll durch Artikel der Bild-Zeitung (Springer-Verlag) zu seiner Tat angestiftet worden sein
Anti-Springer-Kampagne: Radikalisierung der APO nach Attentat auf Symbolfigur Dutschke → Folge: Straßenschlachten zwischen Polizei und Studenten
Zersplitterung im Herbst 1968:
Spaltung der Studentenbewegung in viele verschiedene kleinere Gruppierungen → Grund: Uneinigkeit in inhaltlichen Themen
Enormer Bedeutungsverlust der 68er Bewegung Ende 1969
Folgen
Die 68er-Bewegung hatte großen Einfluss auf die westdeutsche Gesellschaft, auch wenn sie viele ihrer Ziele nicht erreicht hatte.
Kultureller Wertewandel:
Aufarbeitung der NS-Zeit rückte stärker in das gesellschaftliche Bewusstsein
Enttabuisierung von bestimmten Themen, z.B. von Sex
Bildungsreformen, z.B. Einführung von Bafög
Wahlsieg der sozialliberalen Koalitionsregierung aus SPD & FDP (Bundestagswahl 1969):
Kritik der 68er-Bewegung an der Bundesregierung hatte Anteil am Regierungswechsel
Bewegung lenkte Fokus auf soziale und liberale Themen, z.B. Bildungsreform
Entstehung vieler neuer Gruppierungen
Soziale/ökologische Gruppen, z.B. die Partei "Die Grünen"
Linksterroristische Gruppen, z.B. die Rote Armee Fraktion (RAF)
Sidefacts
Joschka Fischer, ehemaliger Grünen-Politiker, hatte eine militante Vergangenheit in der 68er-Bewegung und APO. Später wurde er Bundesaußenminister und Vizekanzler (1998-2005). Daran kann man den Einfluss der 68er-Bewegung auch auf die heutige Zeit sehen.