Viele Jugendliche versuchten, sich der totalitären Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus zu entziehen, einige von ihnen leisteten besonders durch ihren Lebensstil und ihr Freizeitverhalten aktiven Widerstand. Dazu zählten zum Beispiel die Bündische Jugend, die Edelweißpiraten oder die Swing-Jugend.
Hintergrund
Die Hitlerjugend, die seit 1926 bestand, wurde 1933 nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten zur Staatsjugendorganisation. Alle anderen Gruppierungen und Verbände wurden verboten und aufgelöst.
- Dezember 1936: Gesetz über die Hitlerjugend → Zwangsmitgliedschaft aller deutschen Jugendlichen, um sie auf nationalsozialistische Zukunft und "Dienst am Volk" vorzubereiten
- 1939: 8,7 Mio. Mitglieder (98% aller deutschen Jugendlichen) → Vereinnahmung der Freizeit, um Ideologie zu verbreiten
→ Somit formierte sich Widerstand als Zeichen der Nonkonformität und Verweigerung gegenüber dem totalitären Regime besonders bei großen, aber verbotenen Jugendbewegungen mit meist langer Tradition (z.B. jüdische, sozialistische und kommunistische sowie kirchliche Jugendgruppen).
→ Aber auch kleine private Gruppen, z.B. um Hanno Günther oder Helmuth Hübener, riskierten und opferten ihr Leben mit Flugblättern gegen den Nationalsozialismus.
Widerstandsbewegungen
Bündische Jugend
Die Bündische Jugend baute auf den Ideen der Wandervögel und Pfadfinder auf und wollte ein freies, selbstbestimmtes Leben, das im Nationalsozialismus nicht möglich war. "Bündische Umtriebe" wurden verboten, die Bündische Jugend widersetzte sich mit geheimen Treffen, Erkennungszeichen und Auseinandersetzungen mit der Hitlerjugend.
- Aus der bündischen Tradition heraus bildeten sich zahlreiche Gruppierungen, so auch die Leipziger Meuten aus Jugendlichen der Leipziger Arbeiterklasse.
→ Viele Bündische und Mitglieder der Leipziger Meuten wurden mit Haftstrafen, Zuchthaus oder dem Konzentrationslager bestraft.
Edelweißpiraten
Die auch aus der verbotenen Bündischen Jugend hervorgegangenen Edelweißpiraten, oft erkennbar an einer Edelweißblume an der Kleidung, waren verschiedene Gruppierungen junger Arbeitender und Lehrlinge, besonders im Rhein-Ruhr-Gebiet.
- Verbreitung ausländischer Nachrichten, Verteilen von Flugblättern, Schreiben von Parolen an Hauswände, Verstecken und Versorgung von Geflohenen und jüdischen Untergetauchten
- strikte Ablehnung der Militarisierung der Hitlerjugend → bewusste Abgrenzung von Staatsjugendorganisation
→ ebenso wie andere Gruppierungen verfolgt und bestraft
TODO Illustration Edelweißpiraten
Swing-Jugendliche
Die Swing-Jugend bestand aus unangepassten Jugendlichen, vor allem aus dem Mittelstand und Bürgertum, die ihre eigene Persönlichkeit unabhängig von der nationalsozialistischen Ideologie finden und ausleben wollten. Ihr amerikanischer Lebensstil bestimmte ihre Freizeit, war aber auch eine besondere Provokation gegen die Nazis.
- Sie veranstalteten erst öffentliche, nach Razzien und Verboten nur private Partys, auf der sie englischsprachige Swing-Musik hörten. → galt als "undeutsche, entartete Negermusik"
- Sie gaben sich englischsprachige Namen, trugen lange Haare und auffällige, auch freizügige Kleidung, was alles den nationalsozialistischen Idealen widersprach und z.B. als krank galt.
→ Mit der zunehmenden Verfolgung und Inhaftierung in Konzentrationslager wurden viele Mitglieder politisch und hatten beispielsweise Kontakt zum Hamburger Teil der Weißen Rose.
**Anmerkung**: Der Begriff „Neger“ wird hier ausschließlich zu Bildungszwecken verwendet! Streiche diesen abwertenden Begriff unbedingt aus deinem Wortschatz!
Sidefact
Die Nationalsozialisten unternahmen alles gegen die "Verlotterung und Verschlampung im musikalischen Ausdruck" der Jazz-Musik, zu der auch der Swing gehörte.
Für Propaganda-Zwecke organisierte Reichspropagandaminister Joseph Goebbels aber eine eigene Jazz-Band: "Charly and his Orchestra" - auch in den Konzentrationslagern wurde zur Verhöhnung der Gefangenen Jazz-Musik gespielt.