Erich Honecker war zwischen 1971 und 1989 Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und hatte damit den mächtigsten Posten der DDR inne.
Steckbrief
Name | Erich Honecker |
---|---|
Geboren/gestorben |
|
Ausbildung und Karriere |
|
Innenpolitik
"Real Existierender Sozialismus"
Der "Real existierende Sozialismus" beschreibt den Widerspruch zwischen sozialistischer Idee und Realität. Erich Honecker will mit diesem Slogan Hoffnung auf Besserung erwecken. So stehen viele Menschen dem neuen Generalsekretär anfangs positiv gegenüber.
- So startet unter ihm ein Liberalisierungsprozess in der Kulturpolitik:
- Zuvor zensierte Werke konnten nun veröffentlicht werden
- Verbot, westliche Musik zu hören, wurde aufgehoben
- Westfernsehen konnte empfangen werden
- Wandel in der Wirtschaftspolitik: Weniger Fokus auf Schwerindustrie, sondern mehr Produktion von Konsumgütern (Alltagsprodukten)
- Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik:
- Förderung des Wohnungsbaus (besonders Plattenbausiedlungen)
- Einkommen und Rente wurden angehoben
- Ausbau von Sozialleistungen (Bsp. Krankenversicherung)
- Arbeitsbedingungen für Frauen wurden verbessert: bspw. durch Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs oder den Ausbau von Kinderkrippen
→ Diese Umstellung in Kultur und Wirtschaft verbesserte den Lebensstandard und führt zu einer größeren Akzeptanz des Systems.
Ausbau der Überwachung
Während Honecker auf der einen Seite den Menschen wirtschafts- und kulturpolitisch entgegenkommt, baut er auf der anderen Seite das Überwachungssystem, also das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi), weiter aus.
- Flächendeckender Ausbau des Überwachungsapparates:
- Bedeutete nicht unbedingt mehr Überwachung, sondern feinere
- Zersetzungsmaßnahmen (später dazu mehr)
- Steigende Zahl an inoffiziellen Mitarbeitern (IM) bis 1989 auf: 91.000 → 180.000 bis 1989
Systemkrise
Trotz der Umstellung der Wirtschaft und teilweiser Einführung marktwirtschaftlicher Elemente konnte es die DDR nicht schaffen, eine stabile nachhaltige Wirtschaft aufzubauen. So brach die Wirtschaft nach der Ölkrise 1973/74 völlig zusammen.
- Rohstoffarme DDR war auf die Lieferung des Rohöls aus der Sowjetunion angewiesen
- In Ölkrise 1973/74 verdoppelten sich die Kosten und belasteten dadurch die Wirtschaft, wodurch die DDR riesige Schulden aufbaute
- Ökologische Probleme durch Verteuerung des Rohöls: verstärkter Braunkohleabbau und Chemieindustrie → Schädigungen an Natur und Umwelt
- Zusätzlich konnte der Bedarf an Konsumgütern durch die eigene Produktion nicht gedeckt werden
- So war die DDR auf Auslandskredite angewiesen und wurde schließlich zahlungsunfähig
- Nur Milliardenkredite der BRD konnten das Ende der DDR verzögern (im Gegenzug musste die DDR Selbstschussanlagen an der Grenze abbauen und die Ausreisebedingungen lockern)
Opposition
Weil sich die Lebensbedingungen nicht mehr verbesserten und die Repression und Überwachung des Staates zunahmen, wuchs die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Viele Menschen versuchten in den Westen oder über osteuropäische Staaten zu flüchten (Republikflucht) oder auf legalem Wege auszureisen.
- Protest von politischen Gruppen im Umfeld von Künstlern und Intellektuellen, die teilweise zu Berufsverboten führten:
- Bsp. Wolf Biermann beschrieb in seinen Liedern den Widerspruch zwischen Idee und Wirklichkeit des Sozialismus (einer der berühmtesten Oppositionellen)
- Montagsdemonstrationen
- Entwicklung von Umwelt-, Friedens- und Menschenrechtsgruppen im Rahmen der christlichen Kirche, als einziger öffentlicher Raum ohne staatliche Kontrolle
- "Kirche im Sozialismus": hier konnte man über strittige Themen diskutieren
Außenpolitik
Aufnahme internationaler Verhandlungen
Im Gegensatz zu Walter Ulbricht orientierte sich Honecker stärker an der Sowjetunion. So öffnete sich der neue Generalsekretär der Entspannungsbewegung Anfang der 1970er Jahre und nahm Beziehungen zur Bundesrepublik auf:
- Abschluss des Viermächteabkommens 1971: Frankreich, Großbritannien, die USA und die Sowjetunion verhandelten über den Sonderstatus Berlins. Schlussendlich akzeptierte die Sowjetunion die rechtliche Zugehörigkeit Westberlins zur BRD.
- Transitabkommen: Durch das Transitabkommen wurde der Verkehr zwischen der BRD und Westberlin deutlich erleichtert und zuvor langwierige Grenzkontrollen abgeschafft.
- Grundlagenvertrag (1972 geschlossen, 1973 in Kraft getreten): Im Grundlagenvertrag mit der BRD erreichte Honecker die staatliche Anerkennung der DDR und eine internationale Aufwertung.
- Aufnahme in die UNO 1973: Weil die beiden deutschen Staaten sich im Grundlagenvertrag zu den Grundsätzen der UNO bekannten, wurden sie noch am selben Tag aufgenommen.
- KSZE-Akte von Helsinki 1975: Die Schlussakte war einerseits ein Meilenstein in der Außenpolitik, weil die Grenzen der DDR nun anerkannt wurden, andererseits musste die SED-Führung nun Zugeständnisse bei den Menschenrechten machen (Bsp. ungehinderte Reisemöglichkeiten).
Außenpolitische Isolierung
Gegen Ende seiner Amtszeit gerät Honecker außenpolitisch unter Druck. Denn 1985 wurde Michail Gorbatschow neuer Generalsekretär der Sowjetunion. Er leitete ein Reformprogramm (Glasnost und Perestroika) ein, wodurch sich die Bedingungen in den Ostblockstaaten lockerten und die Regierungen der Bevölkerung mehr Rechte gewährten.
- DDR-Regierung unter Honecker setzte jedoch weiterhin auf konservativen Kurs
- Ablehnende Haltung gegenüber Reforminitiativen Gorbatschows
- "Sozialismus in den Farben der DDR": Honecker distanziert sich von den anderen sozialistischen Staaten und betont die Eigenständigkeit der DDR
- Internationale Isolierung
- Distanzierung von Warschauer Pakt-Staaten: Abgrenzung von der Sowjetunion und bsp. Polen und Ungarn
- Ablehnung westlicher Einflüsse und Abkühlung der Beziehungen zur BRD
- Verlust des Rückhalts im Politbüro und in Moskau und anschließender Rücktritt Honeckers am 17.10.1989
Sidefact
Der Erfinder des Ampelmännchens war sich anfangs nicht sicher, ob sein Ampelmännchen einen Hut tragen sollte, da er in der DDR als kapitalistisches Symbol galt. Als er eines Abends vor dem Fernseher sah, wie Erich Honecker einen Strohhut trug, erklärte er, sein Ampelmännchen würde es auch tun.