'Euthanasie'

Den Krankenmorden der Nationalsozialisten, beschönigend ‚Euthanasie‘ genannt, fielen in verschiedenen Programmen im Deutschen Reich wie der Aktion T4 oder der 'Kinder-Euthanasie' sowie in den besetzten Gebieten bis zum Kriegsende etwa 275.000 Menschen zum Opfer. Die Verbrechen gehen auf die ideologische ‚Rassenhygiene‘ zurück, nach der ‚lebensunwertes Leben‘ vernichtet werden sollte, um die ‚Erbgesundheit‘ zu erhalten (und Kosten zu sparen). Des Weiteren kam es zu zahlreichen Tötungen und Misshandlungen für medizinische Experimente.

In der folgenden Erklärung wird häufiger der Begriff „Rasse“ verwendet.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dieser Begriff heutzutage in der deutschen Sprache nicht mehr im Kontext mit Menschen verwendet werden darf! Dieser Begriff beruht auf der „Rassentheorie“ und ist abwertend. Es gibt keine menschlichen Rassen!


Hintergrund

Schon in der Weimarer Republik gab es viele Stimmen, die sich für eine ‚positive Eugenik‘, also die Vergrößerung positiv gewerteten Erbguts, aussprachen. Die Nationalsozialisten glaubten an gutes und schlechtes Erbmaterial (Sozialdarwinismus), mit ihren Maßnahmen strebten sie die ‚Rassenhygiene‘ und die Vernichtung ‚unwerten Lebens‘ an.

  • Juli 1933: Gesetz zur Verhütung erbkranken NachwuchsesZwangssterilisation von ‚Erbkranken‘ (z.B. ‚angeborener Schwachsinn‘, Schizophrenie oder ‚körperliche Mißbildung‘) und Alkoholikern, 1935: Erweiterung, z.B. auf Homosexuelle → insgesamt 400.000 Opfer, davon über 6.000 gestorben
  • Propaganda, besonders für Kriegswirtschaft: Der Bevölkerung wurde verdeutlicht, wie viel Geld die Pflege kranker und behinderter Menschen kostet. → Ziel: Darstellung der Menschen als teuer und unwert

→ Mit der massenhaften Entmenschlichung der 'Erbkranken', etwa durch die Zwangssterilisation, kam es vermehrt zu Überlegungen und Forderungen, sie umzubringen.

Aus der nationalsozialistischen Ausstellung 'Erbkrank!' mit der Beschreibung: "Ein erschreckendes Bild von Erbkranken in einer Idioten-Anstalt.", März 1934
Aus der nationalsozialistischen Ausstellung 'Erbkrank!' mit der Beschreibung: "Ein erschreckendes Bild von Erbkranken in einer Idioten-Anstalt.", März 1934 By Bundesarchiv, Bild 102-15662 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons

'Aktion T4' und 'Kinder-Euthanasie'

Mit dem Kriegsbeginn, als Hitler sogar Briefe von Angehörigen bekam, die um Tötung behinderter Angehöriger baten, wurde die ‚Euthanasie‘ konkret. Der Begriff heißt übersetzt „schöner Tod“ und beschönigt ebenso wie die Propaganda die grausame Ermordung von ‚Erbkranken‘.

  • August 1939: Runderlass zur Meldung ‚erbkranker‘ Neugeborener → bald Tötung von insgesamt etwa 5.000 Kindern und Jugendlichen in 'Kinderfachabteilungen' im Rahmen der 'Kinder-Euthanasie' bis 1945

  • Mordbefehl im Oktober 1939, zurückdatiert auf den 01.09. (Kriegsbeginn) → Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden bereitet Tötung von Kranken und Behinderten vor (Adresse Tiergarten 4 bringt den Namen T4)

  • Ab Dezember 1939 erster Einsatz von Gaskammern zur Vernichtung aus Kliniken oder Heimen abgeholter Menschen → Angehörige nur über Tod informiert

→ Nach vermehrten Gerüchten über die Massenermordungen kam es zu Anzeigen und öffentlicher Widerrede, das Programm mit über 70.000 Toten wurde offiziell eingestellt. → Fortsetzung im Geheimen an Kindern sowie in besetzten Gebieten

Kinder in der 'Heilanstalt Schönbrunn' bei Dachau, 1934
Kinder in der 'Heilanstalt Schönbrunn' bei Dachau, 1934 By Bundesarchiv, Bild 152-04-12 / Friedrich Franz Bauer / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons

Krankenmorde in besetzten Gebieten

Auch in den besetzten Gebieten im Osten wurden die Krankenmorde vorangetrieben. Als besonders grausam gilt etwa das Sonderkommando Lange, das ihre gut 6.000 Opfer mithilfe von Gaswagen tötete und dieses Vorgehen an viele weitere Einsatzgruppen vermittelte.

  • ‚Aktion 14f13‘ zwischen 1941 und 1944: Tötung von gut 20.000 als krank oder nicht mehr arbeitsfähig erachteter Häftlinge aus KZ in ehemaligen ‚T4‘-Einrichtungen, wie 'T4' organisiert von Philipp Bouhler, Chef der Kanzlei des Führers

  • ‚Aktion Brandt‘ ab 1943: Tötung von ca. 30.000 Menschen durch Medikamente oder Aushungern für Aufbau von Ausweichkrankenhäusern in ehemaligen Pflegeeinrichtungen

Adolf Hitler schüttelt Philipp Bouhler, Hauptverantwortlicher der 'Aktion T4' sowie später der 'Aktion 14f13', die Hand, Berlin 1938
Adolf Hitler schüttelt Philipp Bouhler, Hauptverantwortlicher der 'Aktion T4' sowie später der 'Aktion 14f13', die Hand, Berlin 1938 By Bundesarchiv, Bild 183-H13039 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons

Medizinische Menschenversuche

Die Nationalsozialisten führten sowohl in Laboren im Deutschen Reich als auch in den Konzentrationslagern medizinische Menschenversuche durch.

Am bekanntesten ist wohl der Lagerarzt des KZ Auschwitz-Birkenau, Josef Mengele, der sich seine Opfer, darunter oft Kinder, nach Ankunft selbst auswählte und auch den Massenmord überwachte.

  • Methoden:
    • Sterilisationen, Verstümmelungen, Amputationen etc.
    • Zwillingsversuche, z.B. Schmerzempfindlichkeit ohne Narkose
    • Drogen- und Medikamentenexperimente
    • Erprobung von Impfstoffen nach gezielter Infektion
    • Untersuchung von Überlebenschancen in Extremsituation (z.B. Mangelernährung, Druckkammer)
    • Vergasungen für geplante Obduktionen
Josef Mengele (Mitte), Lagerarzt im KZ Auschwitz-Birkenau
Josef Mengele (Mitte), Lagerarzt im KZ Auschwitz-Birkenau By Bernhard Walther or Ernst Hofmann or Karl-Friedrich Höcker, Public domain, via Wikimedia Commons

Sidefact

Viele Institute profitierten von den Experimenten, über die reguläre wissenschaftliche Arbeiten verfasst wurden, und viele Unternehmen förderten sie. Ein prominentes Beispiel ist die I.G. Farben, die von Enteignungen oder Zwangsarbeit profitierte und Zyklon B für die Vergasungen lieferte.

Die Interessensgemeinschaft bestand bis 2012, ihr gehörten Firmen wie Bayer oder BASF an.

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