Die Ergebnisse der Reichstagswahlen sind ein Maß dafür, wie zufrieden die Bevölkerung mit der politischen Lage ist. In der Weimarer Republik erkennt man, dass demokratische Parteien hohe Wahlergebnisse erzielen, wenn sich das Land in einer politisch und wirtschaftlich stabilen Lage befindet. Gibt es jedoch Krisen, wie z.B. die Unterzeichnung des Versailler Vertrages oder die Weltwirtschaftskrise, so erzielen radikale Parteien große Wahlerfolge.
Wahl zur Nationalversammlung 1919
Die Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 ist zwar keine Reichstagswahl, man kann jedoch trotzdem einige Zusammenhänge zwischen den aktuellen Ereignissen und den Wahlergebnissen erkennen.
Wahlergebnis:
- Demokratischen Parteien stellen deutliche Mehrheit (76%)
Erklärung:
- Man kann erkennen, dass die Bevölkerung stark vom Krieg geprägt ist → kriegsmüde
- Sie verbindet das durch den Krieg verursachte Leid und Elend mit der Monarchie und haben deswegen Hoffnung in die Demokratie.
1. Reichstagswahl 1920
Die 1. richtige Reichstagswahl 1920 war von der Unterzeichnung des Versailler Vertrags geprägt.
Wahlergebnis:
- Weimarer Koalition verlor Mehrheit (Minderheitsregierung)
- Anstieg radikaler Parteien (DNVP: 15% und USPD: 18%)
Erklärung:
- Im August 1919 wurde der Versailler Vertrag unterschrieben, der dem Deutschen Reich die Alleinschuld am 1. Weltkrieg zuschob. In ganz Deutschland stieß dieser Vertrag auf Widerstand und löste große Proteste aus.
- Besonders die rechten Parteien schoben die Schuld des Versailler Vertrags der demokratischen Regierung zu, weil diese den Versailler Vertrag unterschrieben hatten („Erfüllungspolitiker“).
→ Dadurch verlor die Weimarer Koalition deutlich an Stimmen
2. Reichstagswahl 1924
Die 2. Reichstagswahl im Mai 1924 stand unter dem Einfluss der krisenhaften Anfangsjahre der Weimarer Republik.
Wahlergebnis:
- Deutlicher Zuwachs radikaler Parteien (DNVP: 19% und KPD: 13%)
- Demokratische Parteien in der Minderheit
Erklärung:
- Die Anfangsjahre der Weimarer Republik waren geprägt von vielen politischen Morden (Rathenau, Erzberger, …) und Putschversuchen (Deutscher Oktober, Hitlerputsch).
- Zusätzlich war die Weimarer Republik 1923 einer Hyperinflation ausgesetzt und viele Wähler verloren nach dem Krisenjahr 1923 das Vertrauen in die demokratische Regierung.
- Des Weiteren wurde der Dawes-Plan veröffentlicht, der von den rechten Parteien als „Zweites Versailles“ abgestempelt wurde.
- Zudem hat die Regierung den Ruhrkampf gegen die französische Besetzung abgebrochen. Dadurch fühlte sich ein Großteil der Bevölkerung hintergangen.
3. Reichstagswahl 1924
Die im Dezember 1924 stattfindende Neuwahl des Reichstags stand unter dem Zeichen einer Stabilisierung der demokratischen Parteien und einer Niederlage für die politische Rechte und Linke.
Wahlergebnis:
- Abnahme des Wahlerfolgs radikaler Parteien
- Stärkung des demokratischen Lagers (SPD: +5%)
Erklärung:
- Während in der Wahl im Mai noch die Auswirkungen der Hyperinflation zu spüren waren, kam es gegen Ende des Jahres zu einem wirtschaftlichen Aufschwung durch amerikanische Kredite.
- Zusätzlich sank die Arbeitslosigkeit, der Lohn stieg und es ließ sich der Beginn der „Goldenen Zwanziger“ erahnen.
4. Reichstagswahl 1928
Die 4. Reichstagswahl im Mai 1928 stand im Licht der „Golden Twenties“.
Wahlergebnis:
- Starker Zuwachs der demokratischen Lager (SPD: +4%)
- Niederlage für die rechten Parteien (DNVP: -6%)
Erklärung:
- Der wirtschaftliche Aufschwung zusammen mit den außenpolitischen Erfolgen stabilisierte die junge Demokratie und bot den radikalen Parteien keinen Nährboden.
- Zusätzlich sanken die Arbeitslosenzahlen.
5. Reichstagswahl 1930
In der 5. Reichstagswahl im September 1930 machte sich die Weltwirtschaftskrise bemerkbar.
Wahlergebnis:
- Stimmverlust der demokratischen Parteien
- Starker Zuwachs der radikalen Parteien (NSDAP: +16%)
Erklärung:
- Die Weltwirtschaftskrise brachte gravierende soziale Probleme mit sich und führte zu einer Massenarbeitslosigkeit von über 30%.
- Weil die Arbeitslosen- und Sozialversicherungen mit diesen Zahlen überfordert waren, verarmte ein Großteil der Bevölkerung.
- Besonders die NSDAP macht sich diese Probleme zunutze und stellt die demokratischen Parteien als die Verantwortlichen für die katastrophale Lage dar.
- Die Bevölkerung verliert das Vertrauen in die Regierung und radikalisiert sich.
6. Reichstagswahl 1932
Auch die 6. Reichstagswahl im Juli 1932 steht noch unter dem Einfluss der Weltwirtschaftskrise.
Wahlergebnis:
- Enormer Zuwachs der NSDAP (NSDAP: +19%)
- Demokraten in der Minderheit
Erklärung:
- Nachdem die Deflationspolitik der Regierung zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Weltwirtschaftskrise scheiterte und man in „Präsidialkabinette“ übergegangen war, verlor die Bevölkerung endgültig ihr Vertrauen in die Demokratie.
- So war sie für die Parolen und einfachen Lösungen der radikalen Parteien zugänglich geworden.
7. Reichstagswahl 1932
Weil sich nach der Wahl im Juli keine mehrheitsfähige Regierung bilden konnte, kam es im November 1932 zur 7. Reichstagswahl.
Wahlergebnis:
- Rückgang der NSDAP (NSDAP: -4%)
- Rückgang der Wahlbeteiligung
Erklärung:
- Die Bevölkerung war nach den vielen Wahlen der letzten Zeit müde und enttäuscht von der Politik im Generellen
- Somit ging die Wahlbeteiligung deutlich zurück, wodurch besonders die NSDAP geschwächt wurde, die es normalerweise schaffte Nichtwähler zu mobilisieren
8. Reichstagswahl 1933
Die letzte und 8. Reichstagswahl im März 1933 stand schon unter dem Licht der beginnenden Diktatur.
Wahlergebnis:
- Anstieg der NSDAP, erreichte aber trotzdem nicht die absolute Mehrheit (NSDAP: +10%)
Erklärung:
- Die Wahl fand 5 Wochen nach der Machtergreifung Hitlers statt und wurde stark durch die Einschüchterung der SS geprägt
- Besonders SPD und KPD wurden Opfer politischen Terrors und zahlreiche Abgeordnete wurden erpresst oder bedroht.
- Sie war die letzte Reichstagswahl
Sidefact
Obwohl die anderen Parteien vor der letzten Reichstagswahl 1933 politischen Terror durch SS und SA ausgesetzt waren, konnte es die NSDAP nicht schaffen, die absolute Mehrheit zu erreichen.