Supply Chain Management und Peitschenschlag-Effekt

Du hast dir in den letzten Jahren doch bestimmt mal ein T-Shirt gekauft, oder? Nice, denn dann warst du als Endkunde auch schon mal selber Teil einer Supply Chain.

Aber was ist eine Supply Chain und was kann man da alles managen? Welche Vorteile bietet das Supply Chain Management? Und was um alles in der Welt hat der Peitschenschlag-Effekt damit zu tun?

simpleclub hilft dir dabei, das Thema zu verstehen und all diese Fragen zu klären!

Supply Chain Management und Peitschenschlag-Effekt einfach erklärt

Damit du ein Produkt kaufen kannst, sind viele verschiedene Schritte notwendig und oft eine Vielzahl von Unternehmen eingebunden. Vom Rohstofflieferanten bis hin zu dir als Endkunde ergibt sich dabei eine Liefer- und Wertschöpfungskette, die man als Supply Chain bezeichnet. Als Lea letztens ein neues Fahrrad gekauft hat, sah die Supply Chain beispielsweise so aus:

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Bei so vielen beteiligten Akteuren kannst du dir bestimmt vorstellen, dass es an den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Unternehmen gerne mal zu Problemen im Waren- oder Informationsfluss kommt. Genau hier setzt das Supply Chain Management (SCM) an, denn hierbei geht es darum, alle Waren- und Informationsflüsse über die gesamte Supply Chain zu planen und zu steuern. Ziel des Ganzen ist, dass alle Beteiligten davon Wettbewerbsvorteile erlangen.

Durch das SCM soll dabei unter anderem auch der sogenannte Peitschenschlag-Effekt ("Bullwhip-Effekt") minimiert werden. Hierbei kommt es durch Informationsdefizite zu Nachfrage-Schwankungen innerhalb der Supply Chain, die umso stärker werden, je weiter man in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist. Daher rührt auch der Name: Der Kunde hat die Peitsche in der Hand und kann mit einem kleinen Ruck (mutmaßliche Nachfrageänderung) die Peitsche ordentlich schwingen lassen (Aufschaukeln der Nachfrage-Schwankungen und Bestände).

Supply Chain Management Definition

Das Supply Chain Management (SCM) dient der Planung und Steuerung sämtlicher Waren- und Informationsflüsse über die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette.


Peitschenschlag-Effekt Definition

Beim Peitschenschlag-Effekt (“Bullwhip-Effekt”) kommt es durch Informationsdefizite zu Nachfrage-Schwankungen innerhalb der Supply Chain, die umso stärker werden, je weiter man in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist.


Supply Chain Management Aufgaben und Vorteile

Nachdem du jetzt weißt, was SCM ist und welches Ziel es verfolgt, fragst du dich bestimmt, wie SCM in der Praxis aussieht. Grundsätzlich lassen sich die Aufgaben dabei in Kooperations- und Koordinationsaufgaben gliedern.

Bei den Kooperationsaufgaben geht es darum, geeignete Partner auszuwählen, eine Netzwerkstruktur unter den Partnern aufzubauen und die Beziehungen zwischen den Partnern der Supply Chain zu regeln. Zur Auswahl geeigneter Partner ist es beispielsweise sinnvoll, ein Audit bei bestehenden und potentiellen Partner durchzuführen. Dabei überprüfst du mit Experten aus deinem Unternehmen das (potentielle) Partner-Unternehmen und seine Prozesse auf Herz und Nieren. Hierdurch soll die Einhaltung vorher festgelegter, einheitliche Qualitätsstandards gewährleisten zu können. Auch eine Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung kann sich hier anbieten.

Bei den Koordinationsaufgaben geht es hingegen vor allem darum, unternehmensübergreifende Prozesse sowie die Informationsversorgung zu planen und gestalten. Dabei können zum Beispiel Informationssysteme der verschiedenen Partner miteinander gekoppelt werden. Hierdurch kann ein reibungsloser und möglichst automatisierter Informationsfluss gewährleistet werden. Weiterhin bietet es sich an, Artikelnummern zu vereinheitlichen, um Abstimmungsproblemen vorzubeugen. Sehr wichtig für die beteiligten Unternehmen ist zudem der gemeinsame Umgang mit Kapazitätsanpassungen. Um die anfallenden Transporte zwischen den einzelnen Unternehmen möglichst reibungslos ablaufen zu lassen, könnten für die außerbetriebliche Transportlogistik über die gesamte Supply Chain zudem gemeinsame Transportdienstleister ausgewählt werden.

Der Aufwand für ein gut funktionierendes Supply-Chain-Management wird mit vielen Vorteilen belohnt:

  • Kürzere Lieferzeiten
  • Keine unnötigen Transportbewegungen
  • Gewährleistung einer hohen Qualität \implies\implies weniger Aufwand für die Qualitätssicherung
  • Vereinfachte Abstimmung zwischen den Unternehmen
  • Erhöhte Kundenzufriedenheit
  • Vermeidung von Kapazitätsengpässen
  • Geringere Mindestbestände und damit geringere Lagerkosten

Peitschenschlag-Effekt Ursachen und Folgen

Wie du siehst, kann ein gut funktionierendes SCM unter anderem die Mindestbestände im Lager senken, da die Produktion und Lieferung von Waren über die gesamte Supply Chain abgestimmt ist und möglicherweise sogar Just-in-Time ablaufen kann. Die Reduzierung der Mindestbestände klappt aber nicht immer. Ein Grund dafür kann der sogenannte Peitschenschlag-Effekt sein. Nochmal zur Wiederholung: Beim Peitschenschlag-Effekt (“Bullwhip-Effekt”) kommt es durch Informationsdefizite zu Nachfrage-Schwankungen innerhalb der Supply Chain, die umso stärker werden, je weiter man in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist. Aber wie genau läuft das jetzt ab?

Grundsätzlich möchte jedes Unternehmen seinen direkten Kunden ja möglichst immer und möglichst schnell mit Waren versorgen können. Dazu muss es immer eine gewisse Menge der fertigen Waren auf Lager haben. Die Nachfrage der Kunden beeinflusst dabei die Menge der Waren im Lager. Ganz einfach gesagt: Wird mehr nachgefragt, musst du auch mehr Waren auf Lager haben, um die Nachfrage bedienen zu können. Zwar lässt sich die Nachfrageentwicklung ganz gut beurteilen, aber letzten Endes kannst du als Unternehmen ja nie konkret wissen, wie sich die Nachfrage der Kunden in der nächsten Zeit entwickeln wird. Als Unternehmen hast du also ein Informationsdefizit.

Hinzu kommen ein paar Informationsprobleme, die diese Unsicherheit in Bezug auf die Nachfrage verstärken und den Peitschenschlag-Effekt dadurch letzten Endes auslösen. Das sind beispielsweise Fehlinterpretationen von Kundenwünschen oder ein ungewöhnliches Kaufverhalten aufgrund von Mengenrabatten, bestellfixen Kosten, Werbeaktionen oder kurzfristigen Preissenkungen. All diese Faktoren lassen für ein Unternehmen den Eindruck entstehen, dass die Nachfrage steigt. Dies führt zu Fehleinschätzungen und falschen Prognosen für den Bedarf und somit auch für die Lagerung und die Produktion.

Da du die Nachfrage als Unternehmen nicht konkret voraussagen kannst, sie sich aber zu erhöhen scheint und du deinen direkten Kunden ja möglichst immer mit Waren versorgen möchtest, erhöhst du also die Mindestbestände und legst mehr Ware auf Lager. Dafür musst du natürlich auch mehr Waren produzieren und benötigst nun auch mehr Vorprodukte und Rohstoffe. Was machst du also? Richtig, du bestellst mehr bei deinem Lieferanten. Bei dem beginnt dann das gleiche Spiel, nur mit dem Unterschied, dass die bei dir schon zu hoch angesetzten Mindestbestände bei ihm zu noch größeren Fehleinschätzungen führen. So schaukeln sich die Fehleinschätzungen mit jedem nachfolgenden Unternehmen in der Supply Chain hoch.

Aus lagerlogistischer Sicht führt der Peitschenschlag-Effekt dazu, dass sich die Lagerbestände der beteiligten Unternehmen in der Supply Chain zeitverzögert aufschaukeln. Je weiter ein Unternehmen dabei in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist, desto höher werden die Lagerbestände. Kommt es dann aber nicht zu der erwarteten höheren Nachfrage, werden die Lagerbestände zu groß und die Unternehmen bleiben auf ihren Beständen sitzen.


Supply Chain Management und Peitschenschlag-Effekt Beispiel

Kommen wir nochmal zu deinem T-Shirt-Kauf zurück und gucken uns erstmal an, wie die entsprechende Supply Chain aussieht. Am Beginn der Supply Chain steht der Baumwoll-Landwirt. Dessen Baumwolle wird dann in eine Spinnerei transportiert und dort zum Garn versponnen. Das Garn gelangt dann in eine Strickerei, wo aus dem Garn ein Stoff produziert wird. Der Stoff wird anschließend zum Hersteller des T-Shirts geliefert. Hier wird der Stoff zugeschnitten, zusammengenäht und gegebenenfalls noch bedruckt oder bestickt. Der Hersteller verkauft das T-Shirt dann an einen Einzelhändler wie die simplecompany, wo du als Endkunde das T-Shirt kaufen kannst. Ohne die Transportdienstleister sind somit für den Kauf eines T-Shirts schon sechs Akteure an der Supply Chain beteiligt. Zwischen diesen Akteuren fallen insgesamt vier Transporte an, sofern du das T-Shirt im Laden kaufst.

Der Hersteller des T-Shirts möchte nun die Supply Chain durch SCM optimieren, da es in letzter Zeit häufiger Qualitätsprobleme bei den Stoffen gab und Liefertermine nicht immer eingehalten wurden. Außerdem klagt der Disponent des Herstellers häufig über Abstimmungsprobleme mit den Lieferanten. Schauen wir uns also mal an, wie der Hersteller die Probleme durch gutes SCM lösen kann:

  • Um die Qualitätsprobleme anzugehen, führt der Supply Chain Manager des Herstellers ein Audit bei der Strickerei durch. Dabei fällt auf, dass manche Maschinen noch nicht gewartet wurden, obwohl der geplante Wartungstermin schon einige Monate zurückliegt. Wenige Tage später werden die Maschinen gewartet und der Maschinenhersteller konnte ein Problem an zwei Maschinen beheben. Für die Zukunft wurden etwas kürzere Wartungsintervalle vereinbart. Außerdem soll die nächste Lieferung der Stoffe intensiver durch die Qualitätssicherung kontrolliert werden, um zu sehen, ob die Reparatur der Maschine den gewünschten Effekt gezeigt hat.
  • Auch die Lieferprobleme wurden beim Audit angesprochen. Hier verweist der Werksleiter der Strickerei auf den recht unzuverlässigen Transportdienstleister der Spinnerei. Dadurch, dass das Garn nicht immer pünktlich geliefert wird, verzögert sich auch die Herstellung der Stoffe und somit auch die entsprechende Lieferzeit. Nach Rücksprache mit den Baumwoll-Landwirten, der Spinnerei sowie der Strickerei soll künftig für alle zwischen diesen Unternehmen anfallenden Transporte der gleiche Transportdienstleister eingesetzt werden.
  • Die Abstimmungsprobleme mit den Lieferanten sollen durch eine Kopplung der EDV-Systeme zwischen den einzelnen Unternehmen erfolgen, sodass einige Daten automatisiert und fehlerfrei übertragen werden können.

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen und der Supply Chain Manager telefoniert mit dem Werksleiter der Spinnerei, da die Lagerbestände eines äußerst elastischen Spezial-Garns ziemlich angestiegen sind. Auch der Werksleiter der Strickerei hat schon über hohe Lagerbestände an Stoffen aus diesem Garn gesprochen. Dem Supply Chain Manager geht ein Licht auf: Der Peitschenschlag-Effekt hat zugeschlagen. Was ist dabei passiert?

Ein Kunde hatte für ein großes Sportevent 10.000 T-Shirts aus einem sehr elastischen Stoff bestellt, da die T-Shirts aus diesem Stoff gerade aufgrund einer Rabattaktion um 20 % reduziert waren. Die deutliche Nachfragesteigerung wurde so interpretiert, dass die elastischen Shirts voll auf dem Vormarsch sind und in Zukunft vermehrt nachgefragt werden. Der Mindestbestand beim Hersteller wurde also erhöht und es wurden mehr elastische Stoffe bei der Strickerei bestellt. Da die Strickerei also ebenfalls eine Nachfragesteigerung wahrgenommen hat, steigerte auch sie ihre Mindestbestände und bestellte mehr elastisches Garn bei der Spinnerei. Auch hier wurden die Mindestbestände aufgrund der deutlichen Nachfragesteigerung angehoben. Leider stellte sich aber im Nachhinein heraus, dass die T-Shirts velen Teilnehmern des Sportevents zu eng anliegend waren. Für weitere Sportevents wurde deshalb wieder auf einen anderen Stoff gesetzt. Die kurzfristige Nachfragesteigerung wurde also vom Hersteller falsch eingeschätzt. Jetzt sitzen die beteiligten Unternehmen auf den hohen Lagerbeständen, die sich innerhalb der Supply Chain aufgeschaukelt haben.

Supply Chain Management und Peitschenschlag-Effekt Zusammenfassung

Als Supply Chain bezeichnet man die Liefer- und Wertschöpfungskette, die vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden reicht. Das Supply Chain Management (SCM) dient dazu sämtliche Waren- und Informationsflüsse über die gesamte zu planen und zu steuern. Dabei umfasst das SCM vor allem Kooperations- und Koordinationsaufgaben. Bei den Kooperationsaufgaben geht es darum, geeignete Partner auszuwählen, eine Netzwerkstruktur unter den Partnern aufzubauen und die Beziehungen zwischen den Partnern der Supply Chain zu regeln. Bei den Koordinationsaufgaben geht es hingegen vor allem darum, unternehmensübergreifende Prozesse sowie die Informationsversorgung zu planen und gestalten. Der Aufwand für ein gut funktionierendes Supply-Chain-Management wird mit vielen verschiedenen Vorteilen belohnt.

Aber selbst in einer gut gemanagten Supply Chain kann es zu Problemen kommen. Ein Beispiel dafür ist der Peitschenschlag-Effekt (“Bullwhip-Effekt”). Dabei kommt es durch Informationsdefizite zu Nachfrage-Schwankungen innerhalb der Supply Chain, die umso stärker werden, je weiter man in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist. Aus lagerlogistischer Sicht führt der Peitschenschlag-Effekt dazu, dass sich die Lagerbestände der beteiligten Unternehmen in der Supply Chain zeitverzögert aufschaukeln. Je weiter ein Unternehmen dabei in der Supply Chain vom Endkunden entfernt ist, desto höher werden die Lagerbestände. Kommt es dann aber nicht zu der erwarteten höheren Nachfrage, werden die Lagerbestände zu groß und die Unternehmen bleiben auf ihren Beständen sitzen.

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