Die Redeanalyse ist eine Form der Textanalyse. Dabei schaut man sich formale und inhaltliche Aspekte einer Rede an, aber auch die Absicht dahinter.
Vorbereitung
- Rede in Sinnabschnitte gliedern
- Informationen markieren, die für die Beantwortung der W-Fragen wichtig sind
- Zentralen Thesen erkennen
- Schlüsselwörter und rhetorische Stilmittel finden
- Unklare Wörter klären (ggf. im Wörterbuch nachschlagen, falls möglich)
Aufbau
Wenn du eine Rede systematisch analysierst, achte auf folgende Punkte:
Einleitung
- Name des Redenden
- Titel der Rede
- Zielgruppe / Zuhörer
- Thema
- Redeanlass
- Ort und Datum der Rede
Hauptteil
Inhaltliche Zusammenfassung der Rede
Redeabsicht:
- Die informierende Rede soll die Zuhörer über einen bestimmten Sachverhalt informieren
- Die emotional bewegende Rede soll die Zuhörer berühren und anregen
- Bei der aktivierenden Rede sollen die Zuhörer zu bestimmten Handlungen aktiviert werden
Analyse und Struktur der Argumente
Sprachanalyse
- Rhetorische Stilmittel
- Wortfelder
- Satzstruktur
- Sprachstil
Schluss
- Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte
- evtl. eigene Meinung
Tipps
- Belege alle Informationen mit Zeilenangaben
- Beschränke dich auf das Wichtigste - es ist unmöglich, jeden Satz der Rede zu analysieren
- Liste sprachliche Mittel nicht nur auf, sondern erkläre auch ihre Wirkung und Funktion
- Nenne deine eigene Meinung erst im Schluss der Redeanalyse
Beispiel
Einleitung
- Hans-Joachim Meyer hält am 25.Mai 2020 vor der Delegiertenkonferenz des Vereins Deutsche Sprache in Bautzen eine Rede
- Titel: "Alle möchten geklonte Amerikaner sein"
- Er thematisiert und kritisiert den Sprachwandel in Form von Anglizismen durch die Amerikanisierung
- Die Adressaten seiner Rede sind Zuhörer und Zuhörerinnen, die sich mit Entwicklungen in der deutschen Sprache beschäftigen und denen der Erhalt der deutschen Sprache wichtig ist
Hauptteil
Gliederung des Textauszugs
- Zunächst stellt er eine Ausgangsfrage, die zum Thema der Rede hinführt (Z. 1-11)
- Anschließend geht er auf die Fragestellung ein und beschreibt das Problem des Kulturverlusts als Folge des Sprachwandels (Z.12-28)
- Im nächsten Abschnitt kritisiert er, dass sich in fast allen Lebensbereichen Anglizismen durchgesetzt haben (Z. 29-45)
- Im letzten Abschnitt warnt er nochmal vor den Folgen dieser Entwicklung (Z. 47-55)
Redeabsicht
- Er möchte eine ablehnende Haltung bei den Zuhörerinnen und Zuhörern gegenüber der Entwicklung von Anglizismen erreichen → emotional bewegende Rede
- Meyer eröffnet seine Rede mit einer provokativen Frage
- Er sieht die deutsche Kultur und ihre kreative Weiterentwicklung durch die amerikanische Kultur gefährdet
Entkräftung eines möglichen Gegenarguments
- Meyer entkräftet gleich zu Beginn den möglichen Vorwurf, er sei weltfremd und akzeptiere nicht die „internationale Stellung des Englischen"
- Er stellt klar, dass es ihm nicht nur um den reinen Gebrauch von Anglizismen geht
- Er kritisiert vielmehr einen Sprachwandel durch den Gebrauch von Anglizismen
Sprachanalyse
- Sprachliche Bilder
- Drastische Bescheibungen möglicher Folgen durch Anglizismenverbreitung
- Direkte Ansprache der Zuhörerinnen und Zuhörer
- Rhetorische Fragen
Schluss
- Meyer fordert eine deutlich kritische Positionierung der Zuhörerinnen und Zuhörer zu dem Thema ein
- Er beschreibt den Einfluss von Anglizismen in der deutschen Sprache als eine große Gefahr
- Zur Beeinflussung seiner Adressaten wertet er durch bestimmte Wörter diejenigen ab, die Anglizismen verwenden
- Er verzichtet fast komplett auf mögliche Gegenargumente
- Seine Argumentation ist linear und einseitig