Das Drama "Mutter Courage und ihre Kinder" ist ein Beispiel für Brechts episches Theater. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Lieder. Weitere Motive sind Geld, Moral und Gaube.
Merkmale des epischen Theaters
Das epische Theater wurde von Bertolt Brecht im Gegensatz zum klassischen Theater nach Aristoteles entwickelt.
Formale und sprachliche Merkmale
Theatralische Mittel
Verbindung von dramatischen und erzählerischen Elementen (z.B. Erzähler)
Verfremdungseffekte verhindern die Identifizierung des Zuschauers mit den Figuren
Zuschauer soll nicht in das Geschehen eintauchen, sondern Distanz aufbauen
Es soll nicht nur zum Nachdenken angeregt werden, sondern zum sozialen und politischen Handeln motivieren
Verfremdungseffekte können auf verschiedenen Ebenen eingesetzt werden (durch Unterbrechung der Handlung z.B. durch Lieder)
Offene Form
- Zahlreiche Zeit- und Ortssprünge
- Szenen sind in chronologischer Reihenfolge angeordnet, aber ohne Rückblicke oder Nebenhandlungen ( = kein direkter Übergang zwischen den Szenen, sondern nur zeitliche Unterbrechungen, die bis zu drei Jahre umfassen)
- Jede Szene steht für sich und kann unabhängig von den anderen Szenen betrachtet werden
- Offener Anfang und offenes Ende
Figuren
- Viele Figuren
- Namen der Figuren fehlen (vgl. Feldprediger, Obristen oder Feldhauptmann)
- Figuren werden nach bestimmten Kategorien gruppiert ( = Berufsgruppe, soziale Klasse oder politisches Lager)
- Figuren handeln nicht selbständig, sondern sind von den gesellschaftlichen und politischen Kontexten abhängig
- Ambivalente, zwiegespaltene Figuren (vgl. Mutter Courage zwischen Mutterliebe und Geschäftssinn)
Funktion der Lieder
Unterbrechen das Geschehen und kommentieren es
Mittel der Verfremdung:
- In den Liedtexten sollen nicht die Gedanken der Figuren, sondern die des Autors wiedergegeben werden
- Dienen einer distanzierten Reflexion → kritische und nachdenkende Haltung
- Zuschauer sollen aus den Botschaften der Lieder lernen
Alle Lieder beschäftigen sich mit dem Krieg und dessen Auswirkungen auf den Menschen
Es verbergen sich Weisheiten und Erkenntnisse, die den Figuren selbst jedoch nicht bewusst sind
Die Figuren sehen in den Liedern ein Mittel der Rechtfertigung oder Verdrängung
Der Zuschauer soll hingegen die Problematik dahinter erkennen
- Kontext des Liedes: Begegnung zwischen Mutter Courage mit ihren drei Kindern und einem Feldwebel sowie einem Werber
- Auf die Frage, wer sie seien, antwortet die Courage kurz und knapp „Geschäftsleut“ (S. 8)
- Anschließend stellt sie sich selbst als fahrende Händlerin vor
- Sie versucht, ihnen Waren zu verkaufen
- Beziehung zwischen Krieg und Geschäft als Leitthema des Dramas wird deutlich
- Mutter Courage interessiert sich nicht für das Schicksal der Soldaten, sondern nur für ihre Geschäfte
Motive
Geld
- Figuren streben nach Gewinn
- Der Krieg wird zur notwendigen Bedingung für den Kapitalismus
- Sie wollen an dem Krieg verdienen und machen sich wirtschaftlich abhängig (vgl. Mutter Courage)
- Sie wollen vom Kriegsgeschäft profitieren
- Figuren verlieren jedoch ihren Besitz sowie ihre Mitmenschen und nicht zuletzt auch ihr eigenes Leben
- Dennoch lernen sie nichts aus ihrem Verhalten und setzen ihre Beteiligung am Krieg fort
- Figuren sehen Krieg als Geldgeber → akzeptieren dessen Folgen
- Geldgier der Mutter Courage führt schließlich zum Verlust ihrer Kinder
Inhumanität
Inhumanität: unmenschliches Verhalten
→ Brutalität, Grausamkeit, Rücksichtslosigkeit, Unbarmherzigkeit
- Unmenschlicher Umgang im Krieg
- Eigennützige Motive
- Kampf ums Überleben
- Werte, wie Mitgefühl und Mitmenschlichkeit, stehen nicht im Mittelpunkt
- Brecht vergleicht Menschen mit Tieren
- Überlegenheit der Triebe über den Verstand
- Unmenschlichkeit durch Unterdrückung und Diskriminierung der Schwächeren
- Der Wert eines Menschen wird nach seiner Überlebensfähigkeit bemessen
- Der Feldwebel begreift den Krieg als Mittel der „natürlichen“ Auslese und zählt sich dabei selbst zu den Überlegenen und Überlebenden (vgl. Szene 1)