Spracherwerb = der unbewusste Prozess, der beim Erlernen der Muttersprache in natürlicher Umgebung stattfindet
Wie ist es möglich, dass Menschen ihre Muttersprache so schnell erlernen können?
→ die verschiedenen Spracherwerbsmodelle geben Antworten auf die Frage
Phylogenese - Ontogenese
Spracherwerb kann unter zwei verschiedenen Perspektiven betrachtet werden:
Spracherwerb der Menschheit → Phylogenese (Frage nach dem Ursprung der Sprache)
Spracherwerb des einzelnen Menschen → Ontogenese (Frage nach dem individuellen Spracherwerb und der Sprachentwicklung)
Zu beiden Fragen haben sich unterschiedliche Theorien herausgebildet:
Überblick der Theorien
Behaviorismus | Nachahmung & Konditionierung |
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Nativismus | angeborener Spracherwerbsmechanismus |
Interaktionismus | Interaktion |
Kognitivismus | von Denkfähigkeit abhängig |
Behavioristisches Modell
Vertreter: B.F. Skinner (1904-1990), Iwan Pawlow (1849-1936)
- Spracherwerb erfolgt durch Wiederholung und Nachahmung
- Das Kind lernt Sprache durch Belohnung (Lob) oder Strafe (Korrektur)
- Individuum als passive Rolle
Nativistisches Modell
Vertreter: Noam Chomsky (1928)
- Individuum als aktive Rolle
- Regeln aus einer gehörten Sprache ableiten und sich so Sprache aneignen
- Mensch verfügt über einen angeborenen Spracherwerbsmechanismus (language acquisition device)
Interaktionistisches Modell
Vertreter: Lew S. Wygotski (1896-1934)
- Die wechselseitige Kommunikation zwischen Kindern und Bezugspersonen ist Grundvoraussetzung für den Spracherwerb
- Kind lernt durch gemeinsames Handeln und Wiederholungen
- Individuum als aktive Rolle
Kognitivistisches Modell
Vertreter: Jean Piaget (1896-1980)
- Sprache kann erst erworben werden, wenn das entsprechende Denkvermögen (Kognition) entwickelt ist
- Der Spracherwerb und das kognitive Lernen verlaufen analog
- Grundlegende Voraussetzung für kognitive und sprachliche Entwicklung ist die konkrete Erfahrung der Umwelt mit allen Sinnen