Parabel

Eine Parabel ist eine lehrreiche und kurze Erzählung. Die Erzählung hat eine übertragbare Bedeutung, die den Leser zum Nachdenken anregen soll.


Merkmale

  • Relativ kurz
  • In Prosaform geschrieben (ungebunden)
  • Häufig in ein literarisches Werk eingebunden (z.B. die Ringparabel in Lessings Nathan der Weise)
  • Beschreiben eine bestimmte Situation, die auf etwas Allgemeines bezogen werden kann
  • Enthalten eine Lehre, die man durch Interpretation herausfinden muss

Bild- & Sachebene einer Parabel

Jede Parabel beinhaltet zwei Ebenen:

Bildebene

Sachebene

= Die Geschichte, die erzählt wird bzw. das, was du liest.

= Das Gemeinte bzw. das, was die Geschichte uns sagen will.

Die Sachebene findest du also durch Interpretation heraus.

Tertium Comparationis

Das Tertium Comparationis ist die Schnittstelle zwischen Bild- und Sachebene. Hier kannst du dir überlegen, was die Parabel aussagt bzw. was die Lehre der Parabel ist.

Oft sind mehrere Interpretationen einer Parabel möglich.

Hier siehst du eine Parabel. Mitting befindet sich die Interpretation (Tertium Comparationis), rechts davon die Sachebene und links davon die Bildebene.

Erich Kästner

Das Eisenbahngleichnis (1932)

Wir sitzen alle im gleichen Zug
und reisen quer durch die Zeit.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir fahren alle im gleichen Zug.
Und keiner weiß, wie weit.

Ein Nachbar schläft, ein anderer klagt,
ein dritter redet viel.
Stationen werden angesagt.
Der Zug, der durch die Jahre jagt,
kommt niemals an sein Ziel.

Wir packen aus. Wir packen ein.
Wir finden keinen Sinn.
Wo werden wir wohl morgen sein?
Der Schaffner schaut zur Tür herein
und lächelt vor sich hin.

Auch er weiß nicht, wohin er will.
Er schweigt und geht hinaus.
Da heult die Zugsirene schrill!
Der Zug fährt langsam und hält still.
Die Toten steigen aus.

Ein Kind steigt aus. Die Mutter schreit.
Die Toten stehen stumm
am Bahnsteig der Vergangenheit.
Der Zug fährt weiter, er jagt durch die Zeit,
und niemand weiß, warum.

Die 1. Klasse ist fast leer.
Ein feister Herr sitzt stolz.
im roten Plüsch und atmet schwer.
Er ist allein und spürt das sehr.
Die Mehrheit sitzt auf Holz.

Wir reisen alle im gleichen Zug
zu Gegenwart in spe.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir sitzen alle im gleichen Zug
und viele im falschen Coupé.

Hilfestellung

  • feist (-er Herr) = dick
  • in spe = in Hoffnung / in Zukunft
  • Coupé = die Menschen treffen falsche Entscheidungen

Interpretation & Lehre

Hier sind ein paar Stichworte und Zitate der Parabel mit Interpretation:

  • Die Eisenbahnfahrt = Das Leben
  • „Wir sitzen alle im gleichen Zug" = Uns allen ist eine bestimmte Lebenszeit zugeschrieben; diese Tatsache vereint alle Menschen
  • „Und keiner weiß, wie weit" = Wir wissen nicht, wann wir sterben
  • „Die Toten steigen aus" = Menschen sterben unerwartet; verlassen die Lebenden
  • „Ein Kind steigt aus. Die Mutter schreit" = Eine Mutter hat ihr Kind verloren
  • „Die Toten stehen stumm am Bahnsteig der Vergangenheit" = Der Zug des Lebens fährt weiter, während die Toten zurückbleiben
  • Lehre: Niemand kann wissen, wie lange man noch lebt. Also sollte man das Leben nutzen und in vollen Zügen genießen.
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