Kalendergeschichte

Eine Kalendergeschichte ist ein kurzer erzählender Text, der ursprünglich auf der Rückseite von Kalenderblättern zu finden war.


Hintergrundwissen

  • Im 16. Jahrhundert entstanden
  • Sollten das Lesebedürfnis der Bevölkerung stillen
  • Sie sind sehr einfach geschrieben, sodass das einfache Volk sie verstehen kann
  • Kalendergeschichten enthalten alle möglichen Themen, wie beispielsweise Gesundheitstipps, allgemeine Ratschläge, Rezepte, Lebensweisheiten, witzige Geschichten oder auch Geschichten, die zum Nachdenken anregen sollen

Merkmale

Kalendergeschichten haben keine sehr spezifischen Merkmale, da sie eine Mischform verschiedener epischer Textsorten sind. Trotzdem haben die meisten Kalendergeschichten folgende Punkte gemeinsam:

  • Einfache Sprache
  • Epische Kleinform, also relativ kurz gehalten
  • In prosaischer Form geschrieben
  • Unterhaltend
  • Belehrend: meistens gibt es eine Pointe mit Moral (Lehre)

Prosa = Prosaische Sprache ist frei und ungebunden.
Pointe = Eine Pointe ist eine plötzliche, unerwartete und meist auch lustige Wendung in einer Erzählung.

Funktion

Kalendergeschichten haben also zwei Funktionen:

Kalendergeschichten und ihre Funktion: Unterhaltungs- und Lehrfunktion werden mit Pfeilen skizziert

Beispiel

Seltsamer Spazierritt (1808)

Johann Peter Hebel

Ein Mann reitet auf seinem Esel nach Haus, und läßt seinen Buben zu Fuß nebenher laufen.

Kommt ein Wanderer, und sagt: „Das ist nicht recht Vater, daß Ihr reitet, und laßt Euren Sohn laufen; Ihr habt stärkere Beine“. Da stieg der Vater vom Esel herab, und ließ den Sohn reiten.

Kommt wieder ein Wandersmann, und sagt: „Das ist nicht recht, Bursche, daß du reitest, und lässest deinen Vater zu Fuß gehen. Du hast jüngere Beine.“ Da saßen beide auf, und ritten eine Strecke.

Kommt ein dritter Wandersmann, und sagt: „Was ist das für ein Unverstand, zwei Kerle auf einem schwachen Tiere; sollte man nicht einen Stock nehmen und euch beide hinabjagen?“ Da stiegen beide ab, und gingen selbdritt zu Fuß, rechts und links der Vater und Sohn, und in der Mitte der Esel.

Kommt ein vierter Wandersmann, und sagt: „Ihr seid drei kuriose Gesellen. Ist's nicht genug, wenn zwei zu Fuß gehen? Geht's nicht leichter, wenn einer von euch reitet?“

Da band der Vater dem Esel die vorderen Beine zusammen, und der Sohn band ihm die hintern Beine zusammen, zogen einen starken Baumpfahl durch, der an der Straße stand, und trugen den Esel auf der Achsel heim.

So weit kann's kommen, wenn man es allen Leuten will recht machen.

Pointe = Keiner steigt mehr auf den Esel auf, um ihn zu reiten. Stattdessen wird zum Schluss der Esel von den beiden Spaziergängern getragen.

Moral = Man kann es unmöglich jedem recht machen!

Hier siehst du drei Männer auf einem Waldweg und einen Jungen, der auf einem Esel sitzt.
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