Das Drama ist ein Paradebeispiel der Weimarer Klassik, lehnt sich an antike Vorlagen an und thematisiert vordergründig Humanität und den idealen Menschen.
Weimarer Klassik
Iphigenie auf Tauris gilt als ein Paradebeispiel der Weimarer Klassik
- Literaturepoche: 1786-1805
- Rückbezug zur Antike (v.a. griechische Mythologie)
- Streben nach Harmonie und Vollkommenheit
- Erziehungsideal ist die schöne Seele, der ideale Mensch
- Fokus auf Humanität
→ diese Merkmale sind auch in Iphigenie auf Tauris erkennbar!
Antike Vorlage
- Goethe orientierte sich an dem Werk Iphigenie bei den Taurern von dem antiken Dramatiker Euripides (Uraufführung 412 v. Chr.)
- Inhaltlich stellt Goethes Drama keine genaue Nacherzählung dar
- Aber: Die grundsätzliche Handlung ist vergleichbar & es treten die gleichen Personen auf (mit Ausnahme von Arkas)
Geschlossenes Drama
Bei Iphigenie auf Tauris handelt es sich um ein klassisches, geschlossenes Drama
5 Aufzüge mit typischer Dramaturgie
Aufzüge | Handlung |
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1. Aufzug: Exposition |
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2. Aufzug: Steigerung |
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3. Aufzug: Wendepunkt |
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4. Aufzug: Retardierendes Moment |
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5. Aufzug: Lösung |
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Drei Aristotelische Einheiten
- Einheit der Zeit: Das gesamte Drama findet in einem Zeitraum von wenigen Stunden statt
- Einheit des Ortes: Das gesamte Drama findet auf Tauris in der Nähe vom Tempel der Göttin Diana statt
- Einheit der Handlung: Es gibt keine Nebenhandlungen
Humanität
Das Drama will erziehen und präsentiert ein gutes und moralisches Miteinander, das eine harmonische und kultivierte Welt schafft
Iphigenie als Humanitätsideal (aufmerksam, verantwortungsbewusst, sensibel, moralisch, ehrlich...)
Iphigenie durchlebt eine Entwicklung im Drama: Humanität ist nicht direkt gegeben, sondern muss geschaffen werden
Zu Beginn: Iphigenie ist hin- und hergerissen und vertraut auf Hilfe der Götter
Zum Ende: Iphigenie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und hört auf ihr Herz (mündiger Mensch)
Auch Thoas wird letztendlich von Iphigenie überzeugt, human zu handeln: Jeder kann Humanität zeigen, weil er ein Mensch ist
Sprache
Prosafassung
- zuerst erschienen
- ohne Verse und Metrum
- Goethe war unzufrieden mit dieser Version und schrieb sie schließlich um
Versfassung
Umformung des Dramas in strenge fünfhebige, reimlose Jamben (unbetonte Silbe, betonte Silbe): Heraus in eure Schatten, rege Wipfel // Des alten heil’gen, dichtbelaubten Haines
unregelmäßige Kadenz (letzte Silbe eines Verses ist mal betont, mal unbetont)
Betont (männliche Kadenz): Der König sendet mich hierher und beut // Der Priesterin Dianens Gruß und Heil
Unbetont (weibliche Kadenz): So lang' ich dich an dieser Stätte kenne // Ist dies der Blick, vor dem ich immer schaudre
viele Sentenzen (Lebensweisheiten): Die Vorsicht stellt der List sich klug entgegen
künstlich ästhetische Sprache: Harmonie, Sinnlichkeit und Vollkommenheit wird betont
antikisierende Sprache (Sprache der Antike wird nachgeahmt):
z.B. Lehnübersetzungen aus dem Griechischen (Mitgeborne statt Verwandte)
z.B. Stichomythie (schnelle Wechselrede, die typisch für antike Dramen ist)