Der Trafikant ist ein historischer Adoleszenzroman, der das Heranwachsen des Protagonisten im Zuge von Krisenerfahrungen und im zeitgeschichtlichen Kontext des Nationalsozialismus beschreibt. Markant ist zudem die komplexe Symbolstruktur.
Adoleszenzroman
Adoleszenzroman: Roman, in dem die Adoleszenz (Phase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter) und das krisenbehaftete Heranwachsen des Protagonisten im Fokus stehen.
Der Trafikant ist ein Adoleszenzroman, der die innere Entwicklung und Reifung des 17-jährigen Franz Huchel thematisiert.
Merkmale des Adoleszenzromans in Der Trafikant
Merkmal | Der Trafikant |
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Im Fokus steht eine Person, die sich in der Adoleszenz befindet | Der Protagonist Franz Huchel ist 17 Jahre alt. |
Der Protagonist erlebt eine tiefgreifende Krise, die die Entwicklung der Persönlichkeit anstößt | Franz wird u.a. mit einer unglücklichen Liebesbeziehung, dem Tod von Otto Trsnjek und der Abreise von Sigmund Freud konfrontiert. |
Verlassen der Heimat und Loslösung von den Eltern | Franz verlässt das heimatliche Salzkammergut und entzieht sich der Obhut seiner Mutter. |
Erleben erster sexueller Erfahrungen | Franz hat mit Anezka sein erstes Mal. |
Hineinwachsen in vorgegebene Rollen | Durch den Tod von Otto Trsnjek muss Franz die Rolle des Trafikanten übernehmen. |
Entwicklung eigener Wertvorstellungen | Im Verlauf der Handlung entwickelt Franz eine klare Position gegen den Nationalsozialismus und betreibt aktiven Widerstand. |
Historischer Adoleszenzroman
Franz wird nicht in der Jetztzeit, sondern im Österreich der 1930er Jahre groß. Deswegen spricht man von einem historischen Adoleszenzroman.
Einerseits erlebt Franz die gleichen Erfahrungen, die Jugendliche auch heute machen: erste Liebe, erster Sex, erster Liebeskummer.
Andererseits macht Franz Erfahrungen, die heutige Jugendliche nicht mehr erleben müssen: Judenverfolgung, brutale Verhaftungen, Ermordungen durch ein autoritäres Regime.
Es wird also deutlich, wie anders das Heranwachsen in der Zeit des Nationalsozialismus war und wie die äußeren Umstände die innere Entwicklung beeinflussen.
Schlau ausgedrückt: Die zeitgeschichtliche Bedingtheit von Entwicklungsprozessen wird hervorgehoben.
Komplexe Symbolstruktur
In Der Trafikant ist eine Vielzahl an Symbolen zu finden, die teilweise mehrfach aufgegriffen werden und Franz' innere Zustände sowie die allgemeinen politischen Entwicklungen widerspiegeln.
Symbol | Bedeutung |
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Attersee | Heimat und Sehnsucht |
Hose von Otto Trsnjek | Widerstand und Gedenken an Otto Trsnjek |
Geköpfte Geranien | Unglück und dunkle Vorahnung |
Alois Preiningers Tod durch Blitzschlag | Plötzliche und schicksalhafte Wendung |
Pestvogel | Unglück, Krieg und Katastrophen |
Sich verbrennender Nachtfalter | Franz' Verhältnis zu Anezka (er umflattert sie, aber verbrennt sich schließlich an ihr) |
Tote Kuh vor dem Zug | Bedrohliches Vorzeichen vor der Ankunft in Wien |
Anezkas Schaukel | Leichtigkeit des Mädchens und Überhöhung, mit der Franz sie wahrnimmt |
Erzählweise
- Zwei Handlungsräume: Nußdorf am Attersee und Wien
- Weitgehend chronologisch erzählte Geschichte im Zeitraum von knapp einem Jahr (Spätsommer 1937 - 7. Juni 1938) mit einem Zeitsprung von sieben Jahren am Ende (12. März 1945)
- Ausnahme: Erlebnisse aus Franz' Kindheit, Tod von Alois Preininger
- Auktoriale (allwissende) Erzählinstanz, die aber größtenteils aus der personalen Perspektive von Franz Huchel berichtet (Einblick in seine Wahrnehmung und Gedankenwelt)
- Zwei wichtige Kommunikationswege: Briefwechsel zwischen Franz und seiner Mutter, Traumzettel (Franz' innere Entwicklung wird verdeutlicht)
Sprache
- Leicht verständliche Sprache
- Verwendung von Dialekten (z.B. Böhmisch: Wer bleed fragt, kriegt bleede Antworten, Burschi!)
- Humor (z.B. Kommerzialrat Ruskovetz' inkontinenter Dackel oder Otto Trsnjeks unverblümte Sprache (z.B. Hobelbroschüren für die erotischen Magazine)
- Als Vermittler von Ironie dient vor allem Sigmund Freud (z.B. Therapiesitzung mit der übergewichtigen Mrs. Buccleton, bei der er am Ende lediglich sagt: "Hören Sie auf, Torten zu essen!")