Direkte Demokratie in Deutschland

Deutschland ist nach dem Grundgesetz (GG) eine repräsentative Demokratie, außerhalb von Wahlen gibt es eigentlich keine Möglichkeiten zur politischen Teilhabe. Trotzdem gibt es in Deutschland an einigen wenigen Stellen direkt demokratische Elemente.

Erklärung

Bundesebene

• Auf Bundesebene sind keine direkt demokratischen Elemente vorgesehen.
• Eine Ausnahme bildet die Neugliederung des Bundesgebiets: Hier kommt es zum Volksentscheid, wenn sich z.B. Bundesländer zusammen schließen wollten.

Europäische Ebene

• Seit dem Vertrag von Lissabon haben EU-Bürger:innen die Möglichkeit über die Europäische Bürgerinitative (EBI) die EU-Kommission zur Initiativeergreifung aufzufordern.
• Für eine EBI braucht es mindestens eine Million Unterschriften aus einem Viertel der EU-Länder.

Landesebene

In den 16 Bundesländern gibt es je verschiedene Ausprägungen der direkt demokratischen Möglichkeiten.

Prinzipiell sind aber Volksbegehren möglich. Dabei muss es aber vollständig ausgearbeitete Gesetzesentwürfe geben und die jeweiligen Parlamente können Gegenentwürfe stellen.

Allgemein gilt:

• Möglich sind Abstimmungen zu Verfassungsfragen (außer in Hessen/Saarland)
• Abstimmungen zu finanzpolitischen Themen sind per se ausgeschlossen

Kommunale Ebene

Theoretisch muss es nach dem GG keine gewählte Körperschaft (z.B. Stadt-/Gemeinderat) geben, Entscheidungen könnten durch eine Gemeindeversammlung über politische Sachverhalte entscheiden. Allerdings gibt es dafür in Deutschland bisher keine wirkliche praktische Umsetzung.

Tatsächlich gibt es auf kommunaler Ebene aber die Möglichkeit zum Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheid.

Die Regelungen dazu sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Allgemein gilt:

• Begehren sind je nach Bundesland an verschiedene Rahmenbedingungen geknüpft (z.B. Fristen, Zugstimmungsquorum usw.)
• Abstimmungen bei Bürgerbegehren müssen immer als „Ja-Nein-Fragen“ formuliert werden.
• Über bestimmte Themen (z.B. Haushalts- oder Verwaltungsfragen) darf nicht abgestimmt werden.

Der Bürgerentscheid kann nicht nur von unten durch die Bürgerschaft, sondern auch von oben durch die Ratsmitglieder initiiert werden. Das wird Bürgerratsentscheid genannt.

TODO Illustration 15

Diskussion

Die Ausweitung und weitere Einführung von direkt demokratischen Elementen steht in einem wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs:

Befürworter-Argumente für mehr direkte Elemente

• Der repräsentative Demokratieapperat würde entlastet werden
• Politische Entscheidungen wären direkt legitimiert und es könnte weniger Politikverdrossenheit geben
• Es könnte zu positiven Nebeneffekten kommen: Regierungsvertreter:innen würden vmtl. mehr im Vorfeld auf die Meinungen der Bürger:innen hören und es gäbe allgemein mehr Transparenz
• Direkte Demokratie funktioniert z.B. in der Schweiz sehr gut
• Gefahren von direkter Demokratie sind genauso Gefahren von repräsentativen Demokratien

Gegner-Argumente für mehr direkte Elemente

• Überforderung der Entscheidungskompetenzen der Bürgerschaft
• Komplexe Sachverhalte können nicht auf „Ja-Nein-Fragen“ runtergebrochen werden
• Es kann nur Zustimmung oder Ablehnung keine Kompromisslösungen geben
• Bürgerentscheide dauern länger als repräsentativ demokratische Entscheidungsprozesse
• Viele Entscheide würden scheitern, weil sich zu wenig Bürger:innen beteiligen würden
• Bei geringer Beteiligung könnten Interessengruppen Abstimmungen für ihre Interessen instrumentalisieren
• Begehren dienen meist zur Verteidigung des Status quo und sind daher nicht innovativ oder fortschrittlich