Ein in den 1950er Jahren von Jean Fourastie entwickeltes Modell, das den gesellschaftlichen Strukturwandel vom primären in den tertiären Sektor beschreibt. Es wird auch Modell des sektoralen Wandels genannt.
Erklärung
Produktionssektoren
- Primärer Sektor: Rohstoffgewinnung, z.B. Landwirtschaft
- Sekundärer Sektor: Rohstoffverarbeitung, z.B. Industrie
- Tertiärer Sektor: Dienstleistungen, z.B. Handel
3 Phasen des Übergangs
1. Phase: Agrargesellschaft (bis ca. 1830)
Die erste Phase wird als Ausgangspunkt des Modells gesehen:
- Traditionelle, gering entwickelte Gesellschaft
- Großteil der Bevölkerung in Landwirtschaft tätig
- Keine Maschinen vorhanden → geringe Produktivität
- Entwicklungsstand entspricht dem europäischer Staaten im frühen Mittelalter oder dem eines Entwicklungslandes
- Beschäftigung: primärer Sektor 70 %, sekundärer Sektor 20 %, tertiärer Sektor 10 %
2. Phase: Industriegesellschaft (bis ca. 1950)
Die zweite Phase beschreibt den Übergang zur Industriegesellschaft:
- Anteil in Industrie und Handwerk wächst → Anteil im primären Sektor geht zurück
- Forschungszentren gewinnen an Bedeutung für Unternehmen
- Beginn der Phase durch Industrialisierung: fortschreitende Automatisierung und Fließbandproduktion → technischer Fortschritt ausschlaggebend
- Maschinen ersetzen Arbeiter → Produktivitätssteigerung im primären Sektor
- Attraktivere Arbeitsplätze im sekundären Sektor
- Kinder nicht mehr als Arbeitskräfte nötig: größerer Wert auf Bildung → erlernen andere Berufe, z.B. Arzt
- Beschäftigung: primärer Sektor 20 %, sekundärer Sektor 40 %, tertiärer Sektor 40 %
3. Phase: Tertiärisierung/ Dienstleistungsgesellschaft (bis jetzt)
Die 3. Phase ist die abschließende Phase:
- Weitere wirtschaftliche Entwicklung: tertiärer Sektor erhält überragende Bedeutung
- Durch Einkommenserhöhung steigt die Nachfrage nach Dienstleistungen weiter an → viele Arbeitsplätze
- Technisierung und Mechanisierung bewirken starken Anstieg im tertiären Sektor
- Rückgang der Arbeitsplätze im primären und sekundären Bereich durch Automatisierung
- Vergeistigung und Spezialisierung der Arbeit nimmt zu → mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze
- Beschäftigung: primärer Sektor 10 %, sekundärer Sektor 20 %, tertiärer Sektor 70 %
Fehlhypothesen
Fourastié stellte 4 Hypothesen auf, von denen er dachte, dass sie sich durch den sektoralen Wandel erfüllen. Dem war jedoch nicht so:
Hypothese | Realität |
---|---|
Kein technischer Fortschritt im tertiären Sektor, dadurch unendliche viele Arbeitsplätze verfügbar | Enormer technischer Fortschritt im Dienstleistungssektor, z.B. Geldautomat, Roboter |
Höheres Bildungsniveau durch Tertiärisierung | Durch Überbevölkerung nicht genug Ausbildungsplätze → Jobs ohne hohen Bildungsabschluss, z.B. Schuhputzer |
Angleichung der Einkommensunterschiede | Schere zwischen Arm und Reich bleibt gleich durch unterschiedliche Jobs |
Arbeitslosigkeit geht langsam zurück | Auslagerung von Jobs in Länder mit niedrigen Kosten (Global Sourcing), z.B. Call Center Mitarbeiter |
Beispiele
Verschiedene Erfindungen haben den Wandel von der einen zur nächsten Phase ausgelöst. Hier sind ein paar Beispiele:
- Übergang 1. zu 2. Phase: Erntemaschinenung und Düngereinsatz
- Übergang 2. zu 3. Phase: Roboter am Fließband, z.B. in der Automobilindustrie