Um dem Kunden eine fehlerfreie Anlage übergeben zu können, musst du diese vor der Übergabe prüfen. Hierfür ist es erforderlich, deine Anlage zu erproben & messen.
Doch was genau muss dabei erprobt werden? Und welche Messungen musst du durchführen?
simpleclub erklärt dir, worauf es ankommt!
Erproben & Messen einfach erklärt
Hast du schon mal eine elektrische Anlage errichtet und möchtest diese nun dem Kunden übergeben? Dann solltest du diese Anlage Erproben und Messen, damit du dir sicher sein kannst, dass sie in einem einwandfreien Zustand ist.
Hierzu musst du diese zuerst besichtigen. Dabei werden Fehler mit dem bloßen Auge gefunden. Danach folgt das Erproben & Messen, welches gemeinsam stattfindet. Zuletzt werden die wichtigsten Punkte in einem Prüfbericht festgehalten.
Beim Erproben wird die Funktionalität der elektrischen Anlage nachgewiesen. Fehler, die noch nicht durch das Besichtigen gefunden werden konnten, kannst du hier entdecken. Zur Erprobung wird beispielsweise der NOT-AUS-Schalter gedrückt, um dessen Funktionsfähigkeit zu ermitteln. Die genauen Schritte hängen von deiner Anlage ab.
Die Messungen kannst du alle mit einem speziell dafür vorgesehenen Messgerät durchführen.
Im spannungsfreien Zustand wird der Isolationswiderstand und die Durchgängigkeit der Leiter gemessen.
Unter Spannung folgen die RCD- und die Schleifenimpedanzmessung.
Weitere Messungen wie die der Spannungshöhe und Spannungspolarität müssen zusätzlich berücksichtigt werden. Die Messungen sind auch vom Bauvorhaben abhängig.
Erproben & Messen Definition
Erproben & Messen ist ein wichtiger Schritt beim Prüfen elektrischer Anlagen. Nur so kann ein einwandfreier Betrieb sichergestellt werden.
Beim Erproben wird die Funktionalität der Betriebsmittel und Schutzeinrichtungen überprüft. Beim Messen werden mithilfe eines Messgerätes diejenigen Werte gemessen, die nicht durch das Erproben oder Besichtigen ermittelt werden können.
Erproben & Messen Erklärung
Prüfung elektrischer Anlagen
Nach dem Errichten einer elektrischen Anlage, muss diese vor der Übergabe an den Kunden immer geprüft werden.
Hierfür solltest du dir noch einmal wichtige Komponenten der Elektroinstallation anschauen.
Für die Prüfung müssen die folgenden Schritte eingehalten werden:
- Besichtigen
- Erproben & Messen
- Prüfbericht
Vor dem Erproben & Messen findet daher das Besichtigen statt. Meistens wird dieser Schritt schon parallel zur Installation durchgeführt.
Mögliche Fehler sollen dabei durch genaues Anschauen erkannt werden.
Am Ende der Prüfung wird der Prüfbericht erstellt. Alle relevanten Prüfergebnisse werden dort eingetragen.
So haben sowohl du und dein Betrieb als auch der Kunde ein Dokument, mit dem bei einem möglichen Schadensfall argumentiert werden kann.
Erproben
Um Fehler zu finden, die beim Besichtigen noch nicht festgestellt worden sind, werden verschiedene Maßnahmen ausgeführt.
Dabei sind je nach Anlage verschiedene Erprobungen erforderlich.
Zur Erprobung der Funktion der elektrischen Anlage müssen alle elektrischen Betriebsmittel auf ihre Funktionalität geprüft werden.
Bei der RCD-Schutzeinrichtung muss lediglich die Test-Taste ausgelöst werden und beim Überprüfen des NOT-AUS- und des Sichterheitsgrenztasters muss der entsprechende Schalter gedrückt werden.
Bei der Kontrolle der Notstromversorgung wird der Spannungsausfall simuliert.
Für die Erprobung der Phasenfolge von Drehstromsteckdosen ist es erforderlich, das Rechtsdrehfeld mit dem Drehrichtungsanzeiger zu kontrollieren. Bei nicht festgelegtem Drehsinn gelten die Regelungen des Betriebs.
Die Signalgeber der Gefahrenmeldeanlage wird durch Überprüfung der entsprechenden Sensoren erprobt.
Durch Einsetzen eines Drehrichtungsanzeiger am Motorklemmbrett und einer eventuellen Sichtung wird die Drehrichtung von Motoren geprüft.
Messen
Für die Messungen kannst du ein spezielles Multifunktionsmessgerät (auch: Installationstester) verwenden. Mit diesem kannst du alle Messungen durchführen und die gespeicherten Messwerte an einem Computer direkt einsehen.
Je nach Bauvorhaben musst du verschiedene Messungen durchführen.
Durchgängigkeit der Leiter messen
Die Durchgängigkeitsmessung findest du oft auch unter dem Namen Niederohmmessung oder Durchgangstest.
Geprüft wird, ob die Schutzleiter (PE) oder auch die Schutzpotentialausgleichsleiter (PA) über die Haupterdungsschiene ausreichend elektrisch leitend verbunden sind.
Im Falle eines Fehlers muss ein hoher Strom fließen, damit die Überstrom-Schutzeinrichtung rechtzeitig auslösen kann. Um diesen hohen Stromfluss zu gewährleisten, muss der Widerstand klein sein.
Nullabgleichsmessung
Bevor mit der eigentlichen Messung begonnen werden kann, muss eine sogenannte Nullabgleichsmessung durchgeführt werden.
Hierzu hältst du die Messspitzen wie abgebildet aneinander.
Dadurch werden die Widerstände der Messleitungen ermittelt. Die Messwerte der Niederohmmessung können dann um diesen Wert abgemindert werden.
Durchgängigkeit der Leiter Messvorgang
Bei dieser Messung muss folgendes gelten:
- Messspannung des Messgerätes: 4 - 24 V
- Messstromstärke: 200 mA - 10 A
Daher sind Standard Multimeter hier nicht einsetzbar.
Die Messung wird zum einen zwischen der Haupterdungsschiene und den leitfähigen Bestandteilen durchgeführt. Leitfähige Bestandteile sind beispielsweise metallischen Gebäudekonstruktionen und Rohre.
Zudem wird von der Haupterdungsschiene zum Schutzleiteranschluss (PE-Klemme) im Hauptverteilerkasten gemessen.
Ist der Schutzleiteranschluss überprüft, kann von dort aus weiter zu den Steckdosen und den Leuchtmitteln gemessen werden.
Hinweis: In der Grafik ist diese Messung abgebildet. Das Messgerät ist durch einen Kreis mit dem Zeichen
Für die Interpretation der Ergebnisse der Messung gibt es keine genauen Vorgaben.
Die unten aufgeführten Erfahrungswerte können allerdings zur Einschätzung genutzt werden:
Schutzleitersystem | |
---|---|
Schutzpotentialausgleichsleiter |
Isolationswiderstand messen
Aufgrund von Isolationsfehlern, die beispielsweise im Transport entstehen können, kann es zu sogenannten Fehlerströmen (auch: Kriechstrom) kommen. Im schlimmsten Fall kann das zu einem Brand führen. Daher ist es wichtig den Isolationswiederstand zu messen.
Bei der Messung wird überprüft, ob die Außen- und Neutralleiter über einen ausreichend hohen Widerstand gegenüber dem Schutzleiter verfügen.
Für die Messung muss folgendes gelten:
- Hohe Messgleichspannung
- Gleichspannung, da lange Leitungen sonst wie ein Kondensator wirken (kapazitives Verhalten)
Vor der eigentlichen Messung müssen auch hier die Messspitzen aneinander gehalten werden. Zeigt das Gerät nun 0,00 M
Nach den Vorgaben aus der DIN ist eine vereinfachte Messung erst einmal ausreichend.
Die Schritte sind in der Abbildung dargestellt.
- Zuerst wird die Vorsicherung ausgeschaltet, um die Anlage vom Netz zu nehmen.
- Es findet eine Brückung des Außen- und des Neutralleiters statt. Hierfür kann eine Reihenklemme genutzt werden.
- Im Anschluss wird der Leitungsschutzschalter angeschaltet.
- Die Verbindung zwischen Neutralleiter und Schutzleiter sollte gelöst werden, um eine Beschädigung der angeschlossenen Verbraucher zu verhindern.
- & 6. Die Verbraucher müssen bei dieser Messung nicht entfernt werden, der Schalter am Außenleiter kann geschlossen werden. Dadurch sind alle Leitungen Teil der Messung.
- Die Messung kann mit dem Messgerät im Hauptverteilungskasten nach dem Zähler erfolgen.
Soll eine vollständige Isolationswiderstandsmessung durchgeführt werden, können alle Leiter gegeneinander gemessen werden, sodass bis zu 10 Messungen erforderlich sind.
Die Messergebnisse hängen von mehreren Aspekten, wie beispielsweise Temperatur oder Feuchtigkeit ab.
In der DIN werden oft Isolationswiderstände von
Bei neuen Anlagen ist es daher gängig, dass am Messgerät der Endwert angezeigt wird. Dieser beträgt beispielsweise > 500 M
Schleifenimpedanzmessung
Bei der Schleifenimpedanzmessung steht die Anlage unter Spannung. Die Spannung ist dabei im normalen Betriebszustand eine Wechselspannung. Daher zeigen die Leitungen und Kabel in diesem Fall kapazitives Verhalten und wirken wie ein Kondensator.
Durch den Wechselstrom herrschen daher zusätzlich zu den ohmschen Widerständen bei Gleichstrom noch Kapazitäten und Induktivitäten. Zusammen werden diese auch als Impedanzen
Es gilt hier analog zum Ohmschen Gesetz:
Mit der Messung wird genau diese Schleifenimpedanz
Zusammenhang Schleifenimpedanz und Abschaltzeit
Je länger der Leitungsweg ist, desto größer wird auch die Schleifenimpedanz. Daher solltest du die Messung an der Steckdose vornehmen, die am weitesten von der Unterverteilung weg ist.
Wie bei Gleichstrom durch das Ohmsche Gesetz (U=R
Um im letzten Schritt die Abschaltzeit der Überstrom-Schutzeinrichtung herauszufinden, kannst du sogenannte Strom-Zeit-Kennlinien nutzen.
Betrachtest du die Kennlinien dieser Schmelzsicherungen kannst du erkennen, dass diese von links oben nach rechts unten gehen. Wird die Kurzschlussstromstärke kleiner, wird die Abschaltzeit daher immer größer.
Zusammengefasst folgt aus einer größeren Schleifenimpedanz auch eine längere Abschaltzeit der Überstrom-Schutzeinrichtung.
Nach der DIN darf die Abschaltzeit einen bestimmten Wert nicht überschreiten, um als sicher zu gelten.
Misst du am längsten Leitungsweg, kannst du daher auch annehmen, dass dieser die längste Abschaltzeit aufweist, weshalb eine Messung an dieser Stelle am sinnvollsten ist.
Schleifenimpedanz Messvorgang
Der Messvorgang besteht aus mehreren Schritten:
Zuerst wird die Messung der Leerlaufspannung
Nach einer automatischen Zuschaltung des Widerstandes und des Strommessgerätes findet die Messung der Lastspannung
Mit diesen Werten folgt dann die Berechnung der Schleifenimpedanz
Im letzten Schritt kann dann die Abschaltzeit aus den Strom-Zeit Kennlinien abgelesen werden. Für diese ist meist ein maximaler Wert von 0,4 s gefordert.
Hinweis: Bei einem Kurzschluss kommt es zu einer Erwärmung.
Berechnest du zuvor den zulässigen Wert der Schleifenimpedanz, darf der gemessene Wert maximal
RCD-Messung
Bei dieser Messung müssen alle Steckdosen, die durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (auch: RCD oder FI-Schalter) geschützt sind, überprüft werden.
Ist ein RCD eingebaut, muss die zuvor erklärte Schleifenimpedanzmessung an den betreffenden Stromkreisen nicht durchgeführt werden.
RCD-Messung Messvorgang
Auch bei dieser Messung werden mehrere Schritte vom Messgerät durchgeführt:
Zuerst wird die Leerlaufspannung
Dann wird der am Messgerät erzeugte Fehlerstrom bis zur Auslösung gleichbleibend erhöht. Die Auslösung des RCDs sollte schließlich bei einer Fehlerstromstärke
Zudem wird im Moment der Auslösung die Spannung bei Belastung
Diese Spannung bei Belastung
Im letzten Schritt wird auch bei dieser Messung die Abschaltzeit
Weitere Messungen
Es können weitere Messungen erforderlich sein. Hierzu zählen die Messung der Polarität der Spannung und die Spannungsmessung.
Zudem musst du nach einer gewissen Zeit Wiederholungsprüfungen durchführen. Wenn die Anlage im gewerblichen oder öffentlichen Bereich eingesetzt ist, gibt es hierfür bestimmte Prüffristen.
Beispiel Erproben & Messen
Berechnung der maximal zulässigen Schleifenimpedanz
Du hast eine 6 A Schmelzsicherung gegeben und willst nun die maximal zulässige Schleifenimpedanz berechnen.
Hierzu musst du rückwärts vorgehen und zuerst mit der vorgeschriebenen Abschaltzeit von 0,4 s in das Diagramm mit den Strom-Zeit Kennlinien gehen.
Hierzu liest du
Um nun die Schleifenimpedanz auszurechnen, musst du die Formel:
Für die Leerlaufspannung
Setzt du das nun in die umgestellte Gleichung ein erhältst du für die Schleifenimpedanz folgenden Wert:
Hier muss allerdings noch der Sicherheitsbeiwert von
Somit folgt für den maximalen Schleifenimpedanzwert, der sich bei dieser Messung ergeben darf:
Bleibt der gemessene Wert unter dem errechneten Wert, löst die Schutzeinrichtung in der vorgesehenen Abschaltzeit aus.
Zusammenfassung Erproben & Messen
Erproben & Messen ist ein Teil der Prüfung elektrischer Anlagen. Davor findet das Besichtigen statt und danach werden die Ergebnisse im Prüfbericht festgehalten.
Beim Erproben werden die für das Bauvorhaben relevanten Bauteile überprüft. Somit wird die vorschriftsmäßige Funktion der elektrischen Anlage sichergestellt.
Für die Messungen wird meist ein spezieller Installationstester verwendet. Zu den relevanten Messungen gehören:
- Messung der Durchgängigkeit der Leiter, zum Nachweis einer ausreichenden elektrisch leitenden Verbindung der Schutzleiter über die Haupterdungsschiene.
- Messung des Isolationswiderstandes, zur Überprüfung eines ausreichend hohen Widerstandes zwischen den Außenleiter bzw. des Neutralleiters und dem Schutzleiters.
- Schleifenimpedanzmessung, zur Bestimmung der Auslösezeit der Überstrom-Schutzeinrichtung.
- RCD-Messung, zur Ermittlung der Auslösezeit der RCDs.
- Weitere Messungen, wie beispielsweise die Spannungen und deren Polarität.