Netzplantechnik

Die Netzplantechnik ist eine weitere Art der Darstellung von Projektabläufen.

Doch welchen Mehrwert bietet die Netzplantechnik gegenüber anderen Diagrammen, wie den Gantt-Diagrammen? Wie werden hier die anfallenden Aufgaben, ihre Beziehungen untereinander abgebildet oder Pufferzeiten berücksichtigt?

simpleclub zeigt dir, wie du die Netzplantechnik für dein Projekt verwenden kannst!

Netzplantechnik einfach erklärt

Bei der Projektdurchführung kommt es in der Praxis häufig vor, dass Teilaufgaben verzögert starten oder abgeschlossen werden. Solange bei der Planung genügend Pufferzeiten eingeplant werden, ist dies kein Problem und der Projektabschluss verzögert sich nicht.

Die akzeptablen Verzögerungen sollten für alle Mitarbeiter schnell ersichtlich im Ablaufdiagramm des Projekts eingetragen werden. Eine Technik zur Erstellung dieser Art von Diagrammen ist die Netzplantechnik. Sie legt besonderen Wert auf die Abbildung von Pufferzeiten und stellt weitere Informationen, wie die Dauer oder die Vorgangsbeschreibung, offensichtlicher dar als beispielsweise das Gantt-Diagramm.

In der Netzplantechnik werden alle anfallenden Aufgaben als Knoten dargestellt, in dem viele Informationen eingetragen werden. Aufgaben, die nacheinander ausgeführt werden müssen, werden durch Pfeile verbunden. So ergibt sich nach und nach ein Netz aus Knoten - ein sogenannter Netzplan.

Definition Netzplantechnik

Bei der Netzplantechnik handelt es sich um eine Darstellungsart von Projektabläufen. Aufgaben werden durch Knoten dargestellt und mittels Pfeilen in eine Beziehung gesetzt. Netzpläne legen besonderen Wert auf die Abbildung von Pufferzeiten.


Netzplantechnik genau erklärt

Darstellung von Vorgängen

Jeder Knoten, der eine Aufgabe repräsentiert, erhält insgesamt neun Einträge. Davon werden fünf direkt in den Knoten und vier um den Knoten herum eingetragen.

Die Einträge, die direkt im Knoten vorgenommen werden, lauten:

  • ID - die eindeutige Identifikationsnummer des Vorgangs
  • Vorgang - der Name des Vorgangs, oft auch eine knappe Beschreibung der Aufgabe
  • Dauer - eine Schätzung der Dauer, meist in Tagen
  • FP - freier Puffer: erlaubte Verzögerung, die dennoch einen frühestmöglichen Start der Nachfolger ermöglicht
  • GP - gesamter Puffer: erlaubte Verzögerung, die die maximal akzeptable Verzögerung ausreizt

Zu den Pufferzeiten erhältst du unten noch weitere Informationen.

Die Einträge um den Knoten herum sind folgende:

  • FAZ - frühester Anfangszeitpunkt: der bestmögliche Anfangszeitpunkt, wenn alles glattläuft
  • SAZ - spätester Anfangszeitpunkt: der gerade noch akzeptable späteste Starttag der Aufgabe
  • FEZ - frühester Endzeitpunkt: der frühestmögliche Fertigstellungstag der Aufgabe, wenn am FAZ gestartet wurde
  • SEZ - spätester Endzeitpunkt: der spätestmögliche Fertigstellungstag, der gerade noch akzeptabel ist

Der Knoten mit allen Einträgen sieht folgendermaßen aus:

Tippe auf die Abkürzungen, um ihre Langform anzuzeigen.

Vorgänge in Beziehung setzen

Beziehungen in Netzplänen beschränken sich in den meisten Fällen auf Ende-Anfangs-Beziehungen, auch Normalfolge genannt. Sie sagen aus, dass ein Vorgang erst begonnen werden kann, wenn ein anderer abgeschlossen ist. In diesem Zusammenhang werden die entsprechenden Aufgaben als Vorgänger oder Nachfolger bezeichnet. Die Normalfolge wird intuitiv durch einen Pfeil dargestellt.

Es ist möglich, dass ein Knoten mehrere Nachfolger bzw. Vorgänger hat.

Beispielhafter Netzplan, bei dem Knoten mehrere Nachfolger bzw. Vorgänger haben.

Berechnung der Knoteninformationen

Du hast oben gesehen, dass jeder Knoten viele Informationen erhält. Davon ist nur ein Teil fest vorgegeben, nämlich die ID, die Vorgangs-Bezeichnung und Dauer.

Alle anderen Informationen musst du berechnen. Diese Berechnungen werden in zwei Schritte: In der Vorwärtsberechnung werden die Punkte

  • FAZ und
  • FEZ

berechnet.

Die Rückwärtsberechnung hingegen umfasst die restlichen Daten:

  • FEZ
  • SEZ
  • FP
  • GP
Die ID, Vorgangsbezeichnung und die Dauer sind fest vorgegeben. Die Punkte FAZ und FEZ werden bei der Vorwärtsberechnung berechnet. SEZ, SAZ, FP und GP hingegen bei der Rückwärtsberechnung.

Es gibt zwei kleine Ausnahmen: Der FAZ des ersten Vorgangs ist immer 0. Der SEZ des letzten Vorgangs ist die vorgegebene Deadline des Projekts, das heißt, der Tag, an dem das Projekt spätestens fertig sein muss. Diese beiden Werte müssen also nicht berechnet werden.

Im Folgenden wird ein Netzplan für ein sehr kleines (Teil-)Projekt erstellt, die Vorgänge und ihre Dauer lauten:

ID / Vorgang

Dauer

Nachfolger

V1 / Personalplanung

2

V2 / V3

V2 / Kundengespräche

4

V4

V3 / Budgetplanung

3

V4

V4 / Vertragsentwurf

4

keine

Die Deadline des Projekts ist an Tag 11.

Erstellung und Anordnung der Knoten

Im ersten Schritt wird für jede Aufgabe ein Knoten erstellt, die bereits mit den ersten Informationen (ID, Vorgang, Dauer) befüllt werden können. Dazu können auch bereits die Beziehungspfeile eingetragen werden.

Im Netzplan wurden alle bereits feststehenden Werte eingetragen und die Knoten in eine Beziehung gesetzt.

Vorwärtsberechnung

Nun widmest du dich den frühesten Anfangs- und Zeitpunkten der Aufgaben. Dafür gehst du von links nach rechts (vorwärts in der Zeit) vor: Der FAZ der ersten Aufgabe ist Tag 0. Die erste Aufgabe dauert 2 Tage und ist somit an Tag 2 frühestmöglich abgeschlossen. Der FAZ von Vorgang 1 ist somit 0 und der FEZ ist 2.

Im Idealfall starten die Nachfolger von Vorgang 1 direkt im Anschluss, also auch bestenfalls an Tag 2 Die jeweiligen FAZ sind somit jeweils 2.

Ihr frühest mögliches Enddatum ist damit jeweils 2 + die Dauer des Vorgangs.

Es ist Vorsicht geboten, wenn ein Vorgang mehrere Vorgänger hat. Denn dann kann dieser erst dann starten, wenn alle Vorgänger abgeschlossen sind. Der FAZ ist dann der späteste Endzeitpunkt der Vorgänger.

Klicke auf die Pfeile, um die Schritte der Vorwärtsberechnung zu sehen.

Für die Berechnung der FAZ und FEZ solltest du dir also merken:

  • Der FEZ eines Vorgangs ist der FAZ + die Dauer des Vorgangs.
  • Im allgemeinen Fall ist der FEZ eines Vorgangs der FAZ all seiner Nachfolger.
  • Falls ein Vorgang mehrere Vorgänger hat, ist sein FAZ der späteste FEZ seiner Vorgänger.

\to\to Merkhilfe: Bei der Vorwärtsberechnung muss du auf die Vorgänger achten.

Rückwärtsberechnung

Bei der Rückwärtsberechnung gehst du rückwärts von der letzten zur ersten Aufgabe durch das Diagramm und berechnest die fehlenden Einträge.

Berechnung von SAZ und SEZ

Für ein Projekt ist üblicherweise eine strikte Deadline festgelegt, an der das Projekt spätestens fertig sein muss. Dieser Tag wird im Netzplan als der späteste Endzeitpunkt (SEZ) des letzten Vorgangs eingezeichnet. Im Beispiel ist die Deadline an Tag 11, also genau der Tag, an dem das Projekt spätestmöglich beendet wird.

Vom SEZ kannst du rückwärts den SAZ berechnen: Gehst du vom SEZ die Dauer in Tagen zurück, erhältst du den spätesten Anfangszeitpunkt (SAZ) des Vorgangs. Im Fall vom letzten Vorgang bedeutet das im Beispiel SAZ = SEZ - Dauer = 11 - 5 = 6. Diese Berechnung des SAZ anhand des SEZ und der Dauer wird bei jedem Vorgang gemacht.

Wenn ein Vorgang an einem bestimmten Tag spätestens starten muss, bedeutet das für seine Vorgänger, dass sie an diesem Tag spätestens fertig werden müssen. Das heißt, dass der späteste Endzeitpunkt (SEZ) der Vorgänger der späteste Anfangszeitpunkt (SAZ) von ihrem Nachfolger ist.

Vorsicht ist geboten, wenn ein Vorgang mehrere Nachfolger hat: Er muss spätestens dann abgeschlossen sein, wenn einer seiner Nachfolger spätestens starten muss. Das bedeutet, dass der SEZ eines Vorgangs der früheste SAZ seiner Nachfolger ist.

Alle Berechnungsschritte der Rückwärtsberechnung findest du in der Animation:

Tippe auf die Pfeile, um den nächsten Schritt anzuzeigen.
  • SAZ = SEZ - Dauer
  • Allgemein gilt: Der SEZ eines Vorgangs ist der SAZ seines Nachfolgers.
  • Hat ein Vorgang mehrere Nachfolger, so ist sein SEZ der früheste SAZ seiner Nachfolger.

Pufferzeiten berechnen

In einem Netzplan werden für jeden Vorgang zwei Pufferarten berechnet.

\vartriangleright\vartriangleright Gesamtpuffer (GP)

Beim Gesamtpuffer schaust du dir für einen Vorgang an, wie weit sein frühester und spätester Anfangzeitpunkt auseinander liegen. Der Gesamtpuffer gibt also an, um wie weit du den Start der Aufgabe hinauszögern kannst, ohne die rechtzeitige Fertigstellung des Projekt zu gefährden.

GP = SAZ - FAZ

Der Gesamtpuffer ist die Differenz zwischen dem FAZ und dem SAZ.

\vartriangleright\vartriangleright Freier Puffer (FP)

Der freie Puffer ist dann interessant, wenn mehrere Vorgänge denselben Nachfolger haben. Der frühestmögliche Anfangszeitpunkt des Nachfolgers ist so gewählt, dass er der späteste FEZ seiner Vorgänger ist. Es kommt in so einer Situation also vor, dass zwischen dem frühesten Ende einer seiner Vorgänger und seinem frühesten Anfangszeitpunkt ein paar Tage vergehen. Um diese Tage kann sich also der Fertigstellungstag des entsprechenden Vorgängers hinauszögern, ohne dass der frühestmögliche Start des Nachfolgers gefährdet ist.

Der freie Puffer des letzten Vorgangs im Netzplan beträgt immer 0.

FP = frühester FAZ (der Nachfolger) - FEZ (des betrachteten Vorgangs)

Der Vorgang V3 kann sich um zwei Tage verzögern und V5 kann dennoch am frühestmöglichen Tag starten.

Das Diagramm mit allen eingetragenen Pufferzeiten findest du im nächsten Abschnitt.

Kritischer Pfad

Ein Vorgang gilt als kritisch, wenn sein Gesamtpuffer 0 ist. Das heißt, jede Verzögerung in diesem Vorgang hat eine Verzögerung des Nachfolgers zur Folge. Eine Abfolge kritischer Vorgänge wird als kritischer Pfad bezeichnet. Wie bei einem Gantt-Diagramm müssen den Vorgängen im kritischen Pfad besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Der kritische Pfad umfasst alle Knoten, die Gesamtpuffer 0 haben.
Der kritische Pfad wird rot eingezeichnet.

Extra Startknoten

Häufig wird der Start eines Projekts als eigener Vorgang gesehen und muss entsprechend als Vorgang im Netzplan eingezeichnet werden. Bei ihm sind allerdings alle Start- und Enddaten sowie alle Pufferzeiten 0.

Beim Startknoten sind alle Werte 0.

Vorteile und Nachteile von Netzplänen

Vorteile

Nachteile

Unterscheidung in verschiedene Pufferzeiten erlaubt genauere Planungen.

Kleine Veränderungen z. B. in der Dauer einzelner Aufgaben führen zu hohem Aufwand, da die Werte von einigen Knoten neu berechnet werden müssen.

Bleiben auch bei komplexeren Projekten mit mehreren Aufgaben vergleichsweise übersichtlich (im Gegensatz zu Gantt-Diagrammen).

Für kleine Aufgaben kann die Unterscheidung der Pufferzeiten einen unnötigen Mehraufwand bedeuten.


Netzplan erstellen Beispiel

Nach all den Grundlagen wird es Zeit, dass du ein ausführliches Beispiel für die Erstellung von Netzplänen siehst. Die Aufgaben des Beispielprojekts, ihre Dauer und Nachfolger sind folgende:

ID / Vorgang

Dauer

Nachfolger

V1 / Anlieferung

2

V2, V3

V2 / Fehlerprotokoll

3

V4

V3 / Überprüfung

2

V5

V4 / Rücksendung

1

V5

V5 / Aufbau

4

V6

V6 / Weitertransport

4

keiner

Das Projekt soll spätestens am Tag 15 fertig sein.

**Du kannst das Beispiel auch gleich zur Übung nutzen. Versuche die Schritte selbst auszuführen und schau dir erst dann die Lösung an.**

Knoten erstellen und anordnen

Anhand der Tabelle kannst du bereits alle notwendigen Knoten erstellen und mit Informationen über die ID, die Vorgangsbezeichnung sowie die Dauer füllen. Anschließend ordnest du die Knoten so an, dass du die Pfeile entsprechend ihrer Nachfolgebeziehung gut anordnen kannst.

Die Knoten wurden erstellt und in Beziehung gesetzt.

Vorwärtsberechnung: FAZ und FEZ berechnen

Zur Erinnerung:

  • FEZ = FAZ + Dauer
  • Der FAZ eines Vorgangs ist der späteste FEZ seiner Vorgänger
  • Falls ein Vorgang nur einen Vorgänger hat, ist sein FAZ der FEZ seines Vorgängers

Der einzige Vorgang, der mehrere Vorgänger hat, ist V5 / Aufbau. Sein frühester Anfangszeitpunkt ist also der späteste FEZ der Vorgänge V3 / Überprüfung und V4 / Rücksendung.

In den Netzplan wurden alle FAZ und FEZ eingetragen.

Rückwärtsberechnung: SAZ und SEZ berechnen

Nun kannst du dich den spätesten End- und Anfangszeitpunkten widmen. Hierfür gehst du zeitlich von hinten nach vorne durch den Netzplan. Du beginnst also beim letzten Knoten und arbeitest dich vor.

Der SEZ des letzten Knotens ist die Deadline des Projekts. Im Beispiel ist das Tag 15.

Auch hier kurz zur Erinnerung:

  • SAZ = SEZ - Dauer
  • Der SEZ eines Vorgangs ist ist der SAZ seines Nachfolgers.
  • Hat ein Vorgang mehrere Nachfolger, so ist sein SEZ der früheste SAZ seiner Nachfolger.

Im Beispiel hat nur der Vorgang V1 / Anlieferung mehrere Nachfolger. Sein SEZ muss also so geplant werden, dass all seine Nachfolger ihren spätesten Anfangszeitpunkt einhalten können.

In den Netzplan wurden alle SAZ und SEZ eingetragen.

Puffer und kritischer Pfad

Zuletzt musst du noch die beiden Pufferarten berechnen:

  • Freier Puffer: Anzahl der Tage, um die sich ein Vorgang verzögern kann, und dennoch der früheste Anfangszeitpunkt seiner Nachfolger garantiert werden kann (relevant, wenn ein Nachfolger mehrere Vorgänger hat).
  • Gesamtpuffer: Unterschied zwischen dem spätesten und dem frühesten Anfangszeitpunkt eines Vorgangs.
  • FP = frühester FAZ (der Nachfolger) - FEZ (des betrachteten Vorgangs)
  • GP = SAZ - FAZ
In den Netzplan wurden alle Pufferzeiten (Gesamt- und freier Puffer) eingetragen.

Bei der Berechnung des freien Puffers von Vorgang V1 ist es unerheblich, welchen Nachfolger du für die Berechnung des freien Puffers verwendest, da beide denselben FAZ haben. Die Gleichheit der FAZs ergibt sich daraus, dass die Vorgänge V2 und V3 nur V1 als Vorgänger haben und ihre FAZs somit der FEZ von V1 sind.

Es gibt hier glücklicherweise keine Vorgänge mit Gesamtpuffer 0. Daher gibt es auch keine kritischen Vorgänge und keinen kritischen Pfad.

Zusammenfassung

Netzpläne werden genutzt, um den Ablauf eines Projekts zu verbildlichen. Jede anfallende Aufgabe wird in einem Netzplan durch einen Knoten mit mehreren Einträgen dargestellt:

Tippe auf die Abkürzungen.

Von den Einträgen sind nur die ID, Vorgangsbezeichnung und die Dauer bekannt. Alle anderen müssen berechnet werden.

Die beiden Punkte FAZ und FEZ werden bei der Vorwärtsberechnung ermittelt, indem von vorne (mit dem ersten Vorgang beginnend) durch das Diagramm durchgegangen wird. Die SAZ, SEZ, sowie die Pufferzeiten werden durch die Rückwärtsberechnung berechnet. Da wird beim letzten Knoten beginnend rückwärts durch das Diagramm gegangen.

Ein Knoten mit Gesamtpuffer 0 gilt als kritisch, denn bei diesem Vorgang sind keinerlei Verzögerungen erlaubt. Eine Abfolge kritischer Vorgänge wird als kritischer Pfad bezeichnet.

Die Formeln für die Berechnung der Einträge lauten:

  • FEZ = FAZ + Dauer
  • SAZ = SEZ - Dauer
  • FAZ = spätester FEZ der Vorgänger
  • SEZ = frühester SAZ der Nachfolger
  • FP = frühester FAZ (der Nachfolger) - FEZ (des betrachteten Vorgangs)
  • GP = SAZ - FAZ
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