Vorgehensmodelle & Projektstrukturplan

Musstest du schon mal ein größeres Softwareprojekt umsetzen und hast dich gefragt, wie du deine Schritte am besten vorausplanst?

Umfangreiche Projekte können schnell sehr unübersichtlich werden und erfordern viel Planungsaufwand. Es kann somit schwer werden, die zeitlichen Vorgaben und Kundenwünsche erfüllen zu können. Genau deshalb gibt es eine Reihe an Vorgehensmodelle, die dir helfen, deine Projekte ideal vorauszuplanen und erfolgreich umzusetzen.

simpleclub zeigt dir die gängigsten Vorgehensmodelle, wann du sie am besten einsetzt und welche Vor- und Nachteile sie jeweils haben.

Vorgehensmodelle & Projektstrukturplan einfach erklärt

Größere Softwareprojekte werden in der Praxis bei der Planung in einzelne überschaubare Phasen unterteilt. Bei der Beschreibung von Phasen müssen W-Fragen geklärt werden: Wer macht wann was und mit welchem Ergebnis?

Beispiel: „In der Testphase implementiert Kyra innerhalb einer Woche 10 White-Box-Tests und führt sie aus. Die Resultate der Tests (erfolgreich/fehlgeschlagen) hält sie in einem Dokument fest."

Aus diesen Phasen setzen sich unterschiedliche Vorgehensmodelle zusammen, welche dem Entwicklungsteam als Wegweiser für den Entwicklungsprozess dienen.

Die Vorgehensmodelle sind sich in ihrer groben Struktur meist ähnlich. Viele enthalten typische Phasen wie eine Testphase, in der z. B. eine Software getestet wird. Sie unterscheiden sich vor allem in

  • Der Anzahl der Phasen
  • Den Detaillierungsgrad der Phasen, z. B. wie detailliert sind die Arbeitsschritte beschrieben oder wird nur eine grobe Richtung vorgegeben
  • Art des Durchlaufs der Phasen: Werden sie einmal (auch linear) oder mehrfach (auch iterativ) durchlaufen?
Kyra denkt über die Zusammenarbeit mit dem Kunden nach.

Definition Vorgehensmodelle

Vorgehensmodelle dienen zur strukturierten Vorgehensweise bei der Umsetzung größerer Projekte. Sie unterteilen den Prozess in einzelne überschaubare Phasen und legen deren zeitlichen Rahmen sowie die darin enthaltenen Arbeitsschritte fest


Erklärung Vorgehensmodelle

Unterschiedliche Interessengruppen

Bei der Planung von Softwareprojekten stehen sich meist verschiedene Personengruppen mit unterschiedlichen Sichtweisen und Zielsetzungen gegenüber.

  • Manager vertreten Unternehmenssicht z. B. hinsichtlich finanzieller Interessen
  • Fachexperten für Ablauforganisation sehen das Projekt vor allem aus der Planungsperspektive
  • Fachexperten, z. B. Buchhaltungsexperte, wenn ein System zur Finanzbuchhaltung implementiert werden soll
  • Software-Entwickler fungieren als IT-Experten und entwerfen die Architektur des gewünschten Gesamtsystems
  • Programmierer setzen den Entwurf der Software-Entwickler um
  • Anwender bedienen die entwickelte Software
Bei der Entwicklung von Software stehen sich die Interessen und Sichtweisen viele Beteiligter gegenüber. Nicht selten kann es daher zu Interessenskonflikten kommen.
Die Interessen verschiedener beteiligter Personengruppen können in Konflikt geraten.

Es ist somit äußerst wichtig, bei der Planung, die Interessen dieser unterschiedlichen Personengruppen zu vereinen. Dabei kann die Wahl des Vorgehensmodells eine entscheidende Rolle spielen. Beispielsweise existieren Modelle, bei denen vorgesehen wird, die Zwischenergebnisse in regelmäßigen Abständen dem Kunden vorzuführen, um sicherzustellen, dass sie genau seinen Erwartungen entspricht.

Unabhängig von der Wahl des Vorgehensmodell ist es jedoch wichtig, die Anforderungen des Kunden genau zu erfragen. Dies geschieht im Rahmen der Anforderungsanalyse.

5 W-Fragen

Die 5 W-Fragen dienen dazu, die wesentlichen Informationen zu ermitteln, die für den Erfolg des Projekts erforderlich sind. Sie lauten:

  1. Wer: Hier wird festgelegt, wer für das Projekt verantwortlich ist und welche Personen oder Teams daran beteiligt sind. Es wird bestimmt, wer die verschiedenen Aufgaben und Arbeitspakete übernehmen wird.
  2. Was: Diese Frage klärt das Projektziel und was zur Erreichung des Ziels erledigt werden muss, sozusagen die Projektstruktur.
  3. Wann: Die Zeitplanung ist entscheidend für die Projektplanung. Wann sollen die einzelnen Phasen und Meilensteine erreicht werden? Welche Aufgaben kommen nacheinander und welche Termine müssen eingehalten werden?
  4. Wie: Welche Ressourcen müssen aufgebraucht werden, vor allem mir welchen Kosten gerechnet werden muss.
  5. Welche: Hier steht das Risiko im Vordergrund. Eine Risikoanalyse hilft dabei die Risiken einzuschätzen.

Wichtig: Bei der Planung spielen immer Unsicherheiten mit, deshalb ist eine stetige Anpassung der Planung wichtig.

Projektstrukturplan

Der Projektstrukturplan (PSP) ist eine hierarchische Darstellung des Projekts. Er zeigt die verschiedenen Arbeitsebenen und die Beziehungen zwischen den einzelnen Aufgaben und Arbeitspaketen auf. Außerdem können die einzelnen Aufgaben zugeordnet werden. Sie sind objekt- oder funktionsorientiert.

Der PSP dient als Grundlage für die Planung, Steuerung und Kontrolle des Projekts.

Ein Projektstrukturplan kann wie folgt aufgebaut sein:

  • **Projektziel**: Die oberste Ebene des PSP definiert das Gesamtziel des Projekts.
  • **Teilprojekte**: Darunter werden die verschiedenen Phasen des Projekts aufgelistet, die zur Erreichung des Projektziels notwendig sind.
  • **Arbeitspakete**: Die Arbeitspakete sind die kleinste Einheit im PSP. Sie umfassen spezifische Aufgaben, die von einzelnen Teammitgliedern oder Arbeitsgruppen bearbeitet werden können.
  • **Meilensteine**: Meilensteine sind wichtige Zwischenziele, die erreicht werden müssen, um den Fortschritt des Projekts zu überwachen.
Drücke die roten Punkte um den Aufbau eines Projektstrukturplans zu sehen.

Arbeitspakete

Arbeitspakete sind die kleinsten Einheiten im Projektstrukturplan. Sie umfassen spezifische Aufgaben, die von einem einzelnen Teammitglied oder einer Arbeitsgruppe in einem begrenzten Zeitraum bearbeitet werden können.

\rarr\rarr Arbeitspakete sollten klar definiert und abgegrenzt sein, um die Arbeitsaufteilung und Verantwortlichkeiten im Team zu erleichtern und die Ziele zu messen. Sie werden von den Verantwortlichen selbstständig durchgeführt, um Eigenverantwortung zu fördern.

Die Beschreibung der Inhalte der Arbeitspakete enthält:

  • Bezeichnung
  • Identifikationsnummer
  • Ziel/ Ergebnis
  • Startvoraussetzung
  • Arbeitsschritte & Verantwortliche
  • Bearbeitungstermin
  • Ressourcenzuteilung
  • Unterlagen
  • Richtlinien

Meilensteine

Meilensteine sind entscheidende Zwischenergebnisse, die im Verlauf des Projekts erreicht werden müssen. Sie dienen dazu, den Projektfortschritt zu überprüfen und den Erfolg des Projekts zu messen.

Meilensteine sind in der Regel zeitlich festgelegt und helfen dabei, den Projektverlauf zu kontrollieren.

\rarr\rarr Beispiel: Die Fertigstellung eines bestimmten Projektabschnitts oder die erfolgreiche Durchführung eines Tests.

Meilensteine

Anforderungsanalyse

Die Sammlung der Anforderungen an das Projekt aus Kundensicht (z. B. welche Funktionalitäten implementiert werden sollen) ist die Basis für die weitere Entwicklung. Oftmals ist die Anforderungsanalyse eine eigene Phase, die gleich zu Beginn eines Vorgehensmodell steht.

Es gibt verschiedene Arten, die Anforderungen zu erfassen.

Top-Down-Methode

Bei der Top-Down-Methode (übersetzt etwa „von oben nach unten") nennt der Kunde grobe Anforderungen, die nach und nach weiter verfeinert werden.

Im unteren Beispiel soll ein System für die Finanzbuchhaltung eines Unternehmens entwickelt werden. Der Kunde gibt die grobe Anforderung „Rechnungen verwalten" vor, welche weiter verfeinert wird.

Bei einem Finanzbuchhaltungssystem soll eine Funktion "Rechnungen verwalten" implementiert werden. Diese grobe Formulierung wird weiter aufgedröselt in "Rechnungen erstellen", "überwachen" und "verschicken". Die Überwachung wird nun weiter verfeinert in "Bezahlstatus anzeigen" und "Automatische Erinnerungen" verschicken.

Bottom-Up-Methode

Die Bottom-Up-Methode (übersetzt etwa „von unten nach oben") ist nahezu gegensätzlich zur Top-Down-Methode. Es stehen z. B. bereits funktionierende Software-Module zur Verfügung, die nach Wünschen des Kunden angepasst werden. So wird das Gesamtsystem „von unten" durch Zusammensetzen der Module und ihre Anpassung gebaut.

Auch hier ist wieder ein Beispiel für das System zur Finanzbuchhaltung gegeben. Der Kunde wählt aus einzelnen Modulen aus und erweitert diese gegebenenfalls, woraus sich die Anforderung „Rechnungen verwalten" zusammensetzt.

In einem Finanzbuchhaltungssystem werden nicht alle Module im verfügbaren Umfang benötigt oder es sollen einzelne Module erweitert werden. Zum Beispiel kann das Verschicken von automatischen Zahlungserinnerungen nachträglich noch ergänzt werden, während bei Rechnungen verschicken nur eine Möglichkeit, wie E-Mail, ausreicht.

Yoyo-Verfahren

Das Yoyo-Verfahren ist eine Mischung aus Top-Down- und Bottom-Up, da beiden Richtungen gleichzeitig genutzt werden. Der Ablauf besteht aus den folgenden Phasen:

  1. **Planung**: Das Projektziel und die Projektphasen werden festgelegt.
  2. **Arbeitspakete**: Die Maßnahmen (Arbeitspakete) zur Umsetzung der Projektphase werden festgelegt. Die Arbeitspakete werden geordnet indem Beziehungen zueinander hergestellt werden.
  3. **Teilprojekte**: Aus den Gruppen der Arbeitspakete lassen sich die Teilprojekte ableiten.
  4. **Überprüfung**: Nach Abschluss der Umsetzung wird überprüft, ob alle Arbeitspakete in den Teilprojekten enthalten sind.

\rarr\rarr Beispiel: Das Projekt ist die Umgestaltung des Büros mit der Phase der Planung. Die Arbeitspakete sind die Maßnahmen zur Projektphase, die z. B. durch ein Brainstorming gesammelt werden. Das könnten Farben, Material, Möbel und Kosten sein. Danach wird herausgefunden, welche Begriffe in Beziehung miteinander stehen und legt dann verschiedene Gruppen an. Gruppen, die man hier bilden könnte wären Farbe/Möbel und Material/Kosten. Die Gruppen können je nach Arbeitspaketen aber auch anders sortiert werden. Die Teilprojekte die daraus abgeleitet werden können sind Einrichtung und Ressourcen.

Yoyo-Prinzip

Evolutionärer Ansatz

Der evolutionäre Ansatz sieht vor, dass zu Beginn des Projekts nicht alle Anforderungen eingeholt werden. Stattdessen werden auch während der Entwicklung weiter Kundengespräche gehalten und Anforderungen eingeholt. Bei diesem Ansatz ist das Risiko gering, dass das Endprodukt nicht den Wünschen des Kunden entspricht, da ständig Rücksprache mit diesem gehalten wird.

Der Anwendungsentwickler steht im ständigen Austausch mit dem Kunden.
Der Anwendungsentwickler steht im ständigen Austausch mit dem Kunden.

Arten von Vorgehensmodellen

Vorgehensmodelle können klassisch oder agil sein.

Bei klassischen Vorgehensmodellen werden alle Details und Schritte strikt vorab geplant. Es ist somit äußerst wichtig, dass gleich zu Beginn alle Anforderungen exakt definiert werden.

Ein klarer Nachteil solcher Modelle ist, dass auf spätere Änderungen von Anforderungen nur sehr schwer reagiert werden kann, da sich die Änderungen kaskadenartig durch den gesamten Plan ziehen.

Agile Vorgehensmodelle hingegen setzen auf ein hohes Maß an Flexibilität. Sie planen Änderungen der Anforderungen oder Rahmenbedingen ein und zeichnen sich meist durch engen Kundenkontakt aus.

Allerdings ist es mit diesem Ansatz oft schwieriger, konkrete Vorhersagen über den Fertigstellungszeitpunkt zu machen.


Beispiele Vorgehensmodelle

Klassisch

Agil

Wasserfallmodell

Scrum

V-Modell

DevOps

Spiralmodell

Zusammenfassung Vorgehensmodelle

Vorgehensmodelle in der Softwareentwicklung unterteilen den Entwicklungsprozess in einzelne überschaubare Phasen. Unterschiedliche Arten der Unterteilung ergeben unterschiedliche Vorgehensmodelle. Sie erfüllen mehrere Zwecke:

  • Strukturierung und verbesserte Übersicht über die Risiken des Projekts
  • Erhöhung der Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts durch Vorabplanung
  • Vereinbarung unterschiedlicher Interessen beteiligter Personengruppen

Zur Planung eines neuen Projekts wird häufig ein Projektstrukturplan (PSP) genutzt, der das Projekt in Teilprojekte, Arbeitspakete und Meilensteine unterteilt.

Es gibt zwei Arten von Vorgehensmodellen:

  • Klassische Modelle, welche alle Planungen zu Beginn anstellen und dadurch weniger flexibel auf Änderungen reagieren können.
  • Agile Modelle, welche sich durch ein hohes Maß an Kundenkontakt und ihre erhöhte Bereitschaft für Änderungen der Anforderungen auszeichnen.

Die Grundlage eines jeden Vorgehensmodells ist die Anforderungsanalyse, bei der die Anforderungen an die Software durch Kundengespräche erfasst werden. Es gibt vier Arten, wie diese eingeholt werden können:

  • Top-Down-Methode
  • Bottom-Up-Methode
  • Yoyo-Verfahren
  • Evolutionäre Methode
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